Zweite Runde für GIF - das Grazer Impro Festival
Nachgefragt: Keyvan Paydar, Schaumbad Graz, Impro-Festival
Text: Lydia Bißmann - 28.08.2024
Rubrik: Musik
Das GIF (Grazer Impro Festival) bietet als interdisziplinäres Festival Musik, bildende Kunst, Performance und Literatur an und verwandelt das Schaumbad vom 26. August bis zum 1. September in einen Ort der Partizipation, des gemeinsamen Tuns und Nichtstuns. Keyvan Paydar hat uns als Mitorganisator fünf Fragen rund um das Festival beantwortet.
2023 fand die erste Ausgabe des GIF Grazer Impro Festival statt. (Credit: Schaumbad)
Was ist die Idee hinter dem Impro Festival Graz GIF im Schaumbad?
In Graz gibt es mit der Jazz-Uni, dem STIO (Styrian Improvisers Orchestra), dem GIK (Grazer Impro Klub) oder dem Café Wolf eine gut aufgestellte Szene, die sich mit Impro-Musik beschäftigt. Das sind die Orte, an denen in der Stadt etwas passiert, und genau diese möchten wir bei unserem Fest zusammenbringen. Das Allerwichtigste ist, dass sich die Leute inkludieren können und viele Grazer:innen mitmachen. Wir haben aber auch internationale Künstler:innen eingeladen, etwa aus England oder Nachbarländern wie Slowenien, damit es einen Mehrwert für Graz gibt. Viele Teilnehmende kommen aus Wien, und bis zu einem gewissen Grad scheint es in diesem Jahr einen Linz-Schwerpunkt zu geben. Wir wollen jedoch nicht nur die Impro-Szene selbst bespielen und begeistern – die sind ohnehin schon begeistert. Wir möchten die Faszination für Improvisation auch einer breiteren Öffentlichkeit näherbringen. Und: im Gegensatz zu anderen Festival sind wir mit sieben Euro für dieTageskarte sehr günstig.
Keyvan Paydar im Forum Stadtpark (Credit: Peter Hutter)
Was ist das Besondere an Improvisation in der Kunst, speziell in der Musik?
Improvisieren ist im Alltag oft negativ konnotiert. Es wird häufig angenommen, dass Menschen, die improvisieren, keine Ahnung haben von dem, was sie tun. Aber genau daraus, aus dem „keine Ahnung haben“, kann etwas Neues, Spannendes, Wichtiges entstehen. Es gibt immer eine Situation, in der man auf der Bühne steht – die ganze Welt ist ja eine Bühne. Beim Festival oder bei Impro-Konzerten allgemein haben wir einen Rahmen (Bühne, Strom, Licht, Verstärkung) und natürlich die Wertschätzung, die Tatsache, dass es passieren darf, dass es einen Ort dafür gibt. Beim Improvisieren in der Musik geht es nicht darum, dass der oder die Lauteste bis zum Ende spielt. Es geht um flache Hierarchien. Es gibt drei Stufen, auf denen ich mit anderen musizieren kann: Entweder bin ich harmonisch und gebe den anderen mit meinem Spiel Support, oder ich spiele genau das Gegenteil und nehme über den Kontrast Kontakt zu den anderen auf. Dann gibt es noch die dritte Variante, bei der ich komplett empathielos bin und nur das mache, was ich will. Das kann auch wichtig und spannend sein.
Wesentlicher Teil des GIF-Festivals sind neben Konzerten, Performances, gemeinsamem Kochen und Entspannen die Gatherings. Wie laufen sie ab, und was ist das Besondere an diesem Format?
Ein Gathering ist unstrukturiert und frei und hat eine sehr flache Hierarchie. Bei einem Gathering gibt es keine inhaltliche Leitung, alle, die daran teilnehmen, sind gleichberechtigt. Im herkömmlichen Sinne gibt es keine Bühne und auch kein Publikum. Es gibt einen vorgegebenen Zeitrahmen von ein bis eineinhalb Stunden, aber im Gegensatz zu einer interaktiven Performance kein vorgegebenes Thema, keinen Hauptact oder Star. Hosts beginnen die freie Session und legen damit die Inspiration oder den Vibe fest. Dann kann jede und jeder mitmachen; es kann frei und absurd sein, alles ist möglich.
Maggie Nicols ist Improvisationskünstlerin der ersten Stunde. (Credit: Andy Newcombe Farnborough, UK)
Die Impro-Queen Maggie Nicols ist zu Gast beim Festival: Warum sollte man sich ihren Auftritt auf keinen Fall entgehen lassen?
Die schottische Vokalistin und Tanzperformerin Maggie Nicols ist eine Impro-Künstlerin der allerersten Stunde. Sie hat vor etwa 20 Jahren in London die Gatherings ins Leben gerufen, und wir sind total happy, dass sie als 75-Jährige noch den weiten Weg von London zu uns auf sich nimmt. Sie kann unglaublich viel Wissen weitergeben, strahlt eine immense Energie aus, ist mega-entspannt und als „gute Seele“, wie ich sie bezeichnen würde, eine Inspirationsquelle für alle. Nach dem Vorbild des London Improvisers Orchestra, das sie leitet, sind das Vienna Improvisers Orchestra und das Prague Improvisation Orchestra entstanden. In der Steiermark haben wir das Styrian Improvisers Orchestra (STIO). Maggie Nicols wird am Samstag mit dem STIO auftreten und das Dirigat übernehmen. Am Sonntag haben wir noch einen Art-Brunch mit Artist Talk im Schaumbad, bei dem man mit ihr unkompliziert und in entspannter Atmosphäre in Kontakt treten kann, während sie über sich und ihre Arbeit erzählt.
Hast du das Gefühl, dass sich seit dem ersten GIF-Festival voriges Jahr in der Stadt etwas verändert hat?
Die Impro-Szene in Graz ist klein, aber stabil. Das ist jedoch überall so. Es ist ein wenig wie beim Fitness-Training: Wenn du einmal den Punkt erreicht hast, an dem du es schätzt, kommst du nicht mehr ohne aus. Das GIF-Festival ist ganz sicher ein wichtiger Treffpunkt, nicht nur für die Impro-Bubble, sondern auch eine Öffnung für ein neues Publikum. Wir wollen auf entspannte Art und Weise Berührungsängste abbauen und Begeisterung für diese sehr demokratische und spannende Art des Musizierens wecken.