Klimafittes Theater im ARTist’s

Kritik: Wetterbericht – Tanz die Thunberg, Theater Kaendace

Text: Lydia Bißmann - 16.02.2023

Rubrik: Theater

Anna Zora

Noch bis Anfang März zeigt das Theater Kaendace im ARTist’s die Produktion Wetterbericht – Tanz die Thunberg von Fritz Sammer und Alexander Mitterer. Der anfangs sonderbar anmutende Name hier tatsächlich Programm.

Die Texte, die einerseits aus verschiedenen Gesprächen über Ursprung und Folgen des Klimawandels, dem Kurzreferat einer Expertin (Birgit Birnstingel-Gottinger) und einem Blackout-Minidrama bestehen, werden hier von zahlreichen groovigen Tanzeinlagen und eigens komponierter Live-Musik begleitet. Es ist eine Collage aus Stimmungsimpressionen und abstrakten Überlegungen, individuellen Eindrücken, An- und Einsichten zur Klimakrise, die einander abwechseln, wie es Regenguss, Blitz, Donner und Sonnenschein bei einem Gewitter tun. Und wie bei einem echten Wetterbericht kann man nur spekulieren, ob die Voraussagen stimmen.

Anna Zora

Angewandte Atemtechnik im Hawaii Hemd

Die Schauspieler leisten schier Unmögliches. Da das Theater als „erstes klimafittes Theater Österreichs“ während der Vorstellung nicht beheizt wird, müssen sie den Strom für die Produktion selbst am Fitnessgerät erzeugen. Vom Hometrainer aus, die von jeder Menge echter grüner Topfpflanzen kaschiert werden, schaffen sie es trotzdem, die langen Texte mit den vielen komplizierten Wörtern zu deklamieren, ohne wirklich außer Atem zu kommen. Anstrengend ist das aber nur für die Truppe – die Zuseher*innen werden gut bei Laune gehalten. Immer wieder führt Sonja Kreibich als Moderatorin Sonja Karibik, die endlos vernetzen Gedankenstränge der Konversationen zwischen Felix Kraus als wissenschaftlicher Berater, Alexander Suppan als besorgter Bürger und Dragana Avocadovic (Wissenschaftsjournalistin) auf den gleichen Ausgangspunkt zurück. Was ist jetzt eigentlich mit dem menschengemachten Klimawandel? Sie tut das mit jeder Menge hysterisch-ekstatischer Millennial-Energie, komisch-absurden Wortspielen und vollem Körpereinsatz. Dazu wird aus Aludosen mit Papierstrohhalm geschlürft und viel getanzt, damit den Darsteller*innen in den subtil durchdachten Kostümen (Kostüm- und Bühnenbild Sonja Kreibich), die etwas zu wenig Stoff für diese Jahreszeit bieten, vielleicht etwas wärmer wird.

Anna Zora

Genremix im Klimadschungel

Durchbrochen wird das Hirnen über den Klimawandel von einem Blackout-Tagebuch aus der Feder von Cornelia Grashäftl, das den erwarteten Verlauf nehmen muss. Birgit Birnstingl-Gottinger holt das Publikum mit ihrer Keynote zum Regenwurm-Index und dem Auftritt ihrer Tochter Viktoria in die Gegenwart zurück. Die Musikeinlagen kommen teils vom Tonband und werden live von drei Musiker*innen (Martin Krankenedl, Marieluise Bartel und Katharina Greiner) angereichert. Während sie singen und Saxophon spielen, müssen sie ebenfalls in die Pedale treten, schaffen es aber, mit dem Song „A cowboys work is never done“, einen traumhaft schönen Ohrwurm in die Hirne der Zuhörer*innen zu zaubern. Wer es noch nicht gewusst oder schlicht nicht geglaubt hat, wird mit diesen ergreifenden Einlagen endgültig davon überzeugt, dass die Akustik im ARTist’s eine der allerbesten in der Stadt ist. Wetterbericht – Tanz die Thunberg ist ein herrlich lustiges und kluges Stück. Zweieinhalb Stunden lang bietet es einen spannenden Mix aus wahnsinnig schöner Musik, geschickt dosierten intellektuellen Überforderungen, auf den Punkt gespielter Komik mit einer ordentlichen Prise absurdem Theater. Weitere Vorstellungen und Termine