Fluide Gedanken und Gefühle bei La Strada

Kritik: The Wishing Well, Mezzanin Theater und aXe Graz

Text: Lydia Bißmann - 31.07.2024

Rubrik: Theater

Credit: Foto Hauer

Der Brunnen am Karmeliterplatz wurde für das La Strada Festival vom Theater Mezzanin und aXe (Idee und Konzept: Natascha Grasser und Patrick Dunst) zu einem Wunschbrunnen umgewandelt.

Statt Münzen in den Brunnen zu werfen und sich etwas zu wünschen, können Passant:innen mithilfe eines QR-Codes rasch auf eine Website gelangen und Audio-Aufzeichnungen hinterlassen. Diese Wünsche – mehr Weltfrieden oder ein neues Handy – werden in Unterwasser-Lautsprechern abgespielt. Hören kann man sie mit einem speziellen Plexiglas-Rohr oder, wenn man mutig ist, steckt man den Kopf in den Brunnen. Die gesammelten Wünsche sind Teil der Performance von Susanne Lipinski. In einem kunterbunten Schwimmdress und einer blumigen Badekappe (Ausstattung: Markus Boxler) begibt sie sich zwei Mal täglich auf die Suche nach einer Person, die sich selbst anscheinend im Wunschbrunnen versenkt hat. Nun muss sie rein, will aber nicht so richtig. Begleitend zum Spiel und dem Wünsche-Medley ist ein Text von Fiston Mwanza Mujila zu hören. Es ist eine poetisch gestaltete Textfläche mit vielen Klarheiten, die auch Widersprüche sein können, aber nicht müssen. „Wenn die Erde uns Sorgen bereitet (…)“ Dann bauen wir uns einen neuen Planeten (…) in Knallrot oder Blau wie ein Apfel. „Flüsse sind Meerestiere“ oder „Träume sind weiße Elefanten“ oder „Wir alle sind Meerestiere“, heißt es hier auch. Die Worte finden, wie Wasser auch, ihren Weg in die Ohren und in die Herzen, fühlen sich gut und richtig an, obwohl sie keine Antworten geben, da die Fragen zu Klimawandel und Co. auch schwer zu formulieren sind.
The Wishing Well

Credit: Sigrun Karre

Schwimmpatschen als Mutmacher

Susanne Lipinski mischt das clowneske Repertoire mit Improvisation und bringt zum Schluss die Zuseher:innen dazu, mit ihr im knietiefen Brunnenwasser zu tanzen. Zuvor bemüht sie sich mit viel Eifer, eine kleine, mit Pailletten besetzte Boje und andere Gegenstände wie eine Wasserflasche, glitzernde Münzen oder ein geheimnisvolles Plastiksackerl mit Blättern aus dem Wishing Well zu fischen. Mit pinkfarbigen Gummi-Cowboystiefeln oder gelben „Schwimmpatschen“ angetan, schafft sie es schließlich ihre Angst vor dem kalten, nassen Element zu überwinden und schnorchelt, taucht und treibt schließlich wie eine toughe, witzige und gar nicht selbstmordgefährdete Ophelia im Becken. Die glitzernde Boje ist eine schöne Referenz an den Planeten, dem es momentan auch nicht so gut geht. Die Performance beginnt mit sanfter Slapstick-Komik und endet mit sehr poetischen und fast meditativen Bildern. Wasser ist eben das Element der Gefühle.

Credit: Sigrun Karre