Reiz und Reaktion im Next Liberty

Kritik: Shoot 'n' Shout von Follow the Rabbit

Text: Robert Goessl - 12.02.2024

Rubrik: Theater

Credit: Stella

Das Stück für Jugendliche ab 14 Jahren von Sergej Gößner ist als Stückentwicklung mit Raum zur Improvisation zu verstehen und wird zu einer abstrakten Collage zwischen Reiz, Reaktion und Erstarren.

Die Regie von Martin Brachvogel bringt den Text in hohem Tempo und rascher Szenenabfolge auf die Bühne. Lisa Horvath hat die Bühne bewusst einfach gehalten, die teils abstrakten Visuals bestimmen dort die Atmosphäre. Zu Beginn hinterfragen die Akteur*innen auf der Bühne sich selbst und den Text. Man fragt sich, ob der Text, den man spricht, von einem selbst stammt oder geschrieben ist, bevor die Tour de Force beginnt. Es geht um Momente, die eine Reaktion herausfordern, unabhängig davon ob man die Wahl hat, dem Ereignis etwas entgegenzusetzen. Verschiedene Interaktionen der Darsteller*innen versuchen das jeweils auf den Punkt zu bringen, und man ist nicht immer einer Meinung, z.B. ob man nicht die Rollen tauschen könnte, oder wie man das Schubsen der Kollegin dramatischer gestellten könnte, ob es echter und damit dramatischer sein oder ob man vielleicht ganz auf gewaltsame Reaktionen verzichten sollte. Bei diesen Verhaltensdarstellungen fließen auch die Charaktere der Schauspieler*innen mit ein, sodass es schon einmal schwerfällt, zu entscheiden, wie „echt“ es tatsächlich auf der Bühne zugeht. Die Darsteller*innen Sofia Falzberger, Johanna Martin, Jonas Werling (mit einer sehenswerten Death Metal Gesangseinlage) und Nuri Yildiz kommen in diesem Stück auf der Bühne selten zur Ruhe. Sie kämpfen und flüchten sich souverän und mit großem Einsatz durch das teilweise chaotische und überfordernde Geschehen zwischen Hilflosigkeit, angedeuteter Gewalt, ausgesprochenen und unausgesprochenen Verletzungen. Nicht nur körperliche Gewalt steht in den rasanten 70 Minuten zur Debatte. Verhalten und Sprache, die zwischen Aggression und Ignoranz schwanken, provozieren Reaktionen. Es wird offensichtlich, wie unterschiedlich man darauf reagieren kann, ohne eine Lösung parat zu haben. Die Inszenierung kann durchaus als geplante Überforderung für die Zuschauer verstanden werden, in der Hoffnung, dass so einiges, was angeschnitten wurde, in den Gedanken nachwirkt.

Credit: Stella

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Robert Goessl kann man nach Ü3.000 absolvierten Theaterbesuchen wohl als "theaternarrisch" bezeichnen. Oft ist er gleich mehrmals in der Woche vor der Bühne kleinerer und größerer Theater in der Steiermark anzutreffen. Seine Passion für die darstellende Kunst beschreibt er so: "Ich habe nicht das Gefühl, etwas gefunden zu haben, sondern ich wurde von etwas gefunden."