Comedy mit Benefits im Theatercafé

Kritik: Sebastian Humi: ‘Das zerrissene Kind: Arabisch – Katholisch – Schwul‘

Text: Lydia Bißmann - 03.10.2025

Rubrik: Kleinkunst
Kritik: Sebastian Humi: ‘Das zerrissene Kind: Arabisch – Katholisch – Schwul‘

Sebastian Humi feierte die Premiere seines ersten Langprogramms im Grazer Theatercafé. (Fotocredit: Sandro Humi)

Sebastian Humi feierte im Grazer Theatercafé die Premiere seines ersten 90-Minuten-Programms ‘Das zerrissene Kind: Arabisch – Katholisch – Schwul’. Der Name ist – wie soll es auch anders sein – hier Programm. Sanft, liebevoll und unglaublich charmant bedient der Mittdreißiger seine Biografie und erzählt von der Flucht seiner Eltern aus Bagdad nach Wels, von absurden Erfahrungen auf der Dating-Plattform Grindr und seiner Jugend in Prä-Smartphone-Zeiten.

Geschickt mäandert der Gewinner des Publikumsvogels 2025 zwischen aktiver Comedy und smart getextetem Kabarett hin und her. Im Mittelpunkt seiner Erzählungen steht die eigene Familie: die temperamentvolle arabische Mutter, der frisch angetraute Ehemann aus der Steiermark oder die Schwiegereltern. Anhand dieser „Schatzkiste“ an persönlicher Geschichte arbeitet er sich gekonnt am Patriarchat und an Vorurteilen aller Art ab. Mut hat er auch jede Menge – furchtlos nimmt er die Königsdisziplin des Humors, das „Roasting“, für sich ein und leistet sich keine einzige Bruchlandung. Fluffig und leicht disst er das Publikum aufgrund von Hautfärbung, spricht sehr explizit von Dickpics, vaginaler Gesundheit oder einer Ohrfeige, die er als angeblicher Deutscher für die vielen ermordeten Juden von einem Sex-Date bekommen hat. Mit sehr viel Fingerspitzengefühl bedient er klassische queere Klischees, nimmt Rainbow-Washing mit Augenzwinkern auf die Schaufel (Habt ihr schon einmal zwei schwule Männer gesehen, die einen Schrank zusammenbauen wollen?) und prognostiziert, dass die Lesben heimlich an der Weltherrschaft arbeiten. Er berichtet von den Schwierigkeiten, sich als Kind der 1990er-Jahre auf einem Familiencomputer mit Schnecken-Internetverbindung einen Porno anzusehen, liefert gekonnte Punchlines (Wels ist so wie die Stadt in Herr der Ringe, wo sie die Orks produzieren – mit einem blauen Bürgermeister), beugt sich aber nie dem Wortwitz-Zwang. Das ist entspannend und gibt der Show einen enorm amikalen und familiären Charakter. Und darum geht es schließlich auch.

Kritik: Sebastian Humi: ‘Das zerrissene Kind: Arabisch – Katholisch – Schwul‘

Sebastian Humi mit: Das zerrissene Kind: Arabisch – Katholisch – Schwul

Das ganze Universum im Grindr-Date

Trotz kleiner Abstecher in die Politik dreht sich bei seiner Figur mit Habibi-Fächer hauptsächlich alles um häusliche Beziehungen und Privates, ohne dabei aber je zu intim zu werden. Anhand dieses Mikrokosmos lässt sich eben viel Großes gut herleiten, etwa wie bescheuert es ist, sich über Hautfarben Gedanken zu machen. Sebastian Humi hat mit ‘Das zerrissene Kind: Arabisch – Katholisch – Schwul’ ein Programm geschrieben, das viel mehr ist als ein herkömmlicher Kabarett- oder Comedy-Abend. Habibi heißt eben Liebling – auch das ist hier Programm. Seine quirlige, warmherzige und entzückend tollpatschige Figur schließt man ab der allerersten Bühnensekunde fest ins Herz (diesen Blumen-Jumpsuit muss man halt auch tragen können!) und überhaupt fühlt sich der ganze Abend wie eine sanfte Seelenmassage an.

Kurzbiografie Sebastian Humi

Sebastian Humi, ein gebürtiger Araber, der in Oberösterreich aufgewachsen ist und in Linz, Salzburg und Graz gelebt hat, bringt seine einzigartige Perspektive auf die Comedy-Bühnen des Landes. Jetzt wohnhaft in der österreichischen Hauptstadt, hostet er die Show „Queer Comedy Boom“, mit der er queer-feministische Kunst fördert. (Kleinkunstbühne Hinundwider)


www.instagram.com/sebastian.humi/
www.humi.at

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