Bunte Komödie in Schwarz-Weiß

Kritik: Bunbury, Schauspielhaus Graz

Text: Sigrun Karre - 29.09.2022

Rubrik: Theater

Credit: Lex Karelly

Das Schauspielhaus Graz eröffnet seine Saison mit der Aufführung von „Bunbury. Ernst sein is everything!“, dafür hat Regisseurin Claudia Bossard den Komödientext von Oscar Wilde neu bearbeitet.

Oscar Wildes bekannteste Komödie kam schon öfters mit mehr oder weniger deutlichem „Queerverweis“ auf zeitgenössische Theaterbühnen. Bei der Vorstellung von ‚Bunbury. Ernst sein is everything!‘ im Schauspielhaus Graz ist der „Link“ offensichtlich angelegt. In den ersten Vorstellungs-Minuten, in denen sich die zwei männlichen Hauptdarsteller (Andri Schenardi als Algernon und Frieder Langenberger als Jack) eine leere Bühne teilen, scheinen sie zunächst noch nicht ganz in ihrer Rolle angekommen zu sein, ihr )Performen klischeehafter queerer Körpersprache wirkt etwas überspannt. Bald aber wird klar, nicht nur Algeron, nicht nur Jack, auch das Klischee ist nicht „Ernst“, sondern Rolle in der Rolle. Der Sound, der durch das Switchen zwischen deutschem und englischem Text entsteht, braucht ebenso ein wenig Zeit, um sich zu entwickeln. Dann aber zündet der Theaterabend und steigert sich bis zum Finale dank einer klugen Inszenierung, die den Fokus ganz auf den genialen Text und die großartigen Schauspieler*innen legt. Diesen verlangt die dynamische Choreographie von Marta Navaridas Kondition ab, sie bekommen aber auch viel Gelegenheit ihr Können zu zeigen.

Credit: Lex Karelly

Einmal keine Multimedia-Show! Statt Leinwand gibt’s, dem Farbkonzept der Ausstattung (Bühne und Kostüm: Elisabeth Weiß) entsprechend, eine Retro-Dschungel-Tapete in Schwarz-Weiß, die beiläufig „zurechtgestutzt“ wird, und viele weitere inszenatorische kleine Gags rund um das Spiel von Rollen und Illusionen. Erfrischend wie Regisseurin Bossard den 127 Jahre alten Stoff in die Gegenwart holt, indem sie eine bunte Parallelwelt kreiert, in der sie unbekümmert Versatzstücke aus „alter Zeit“ und Gegenwart gleichberechtigt „reinwirft“. Den Soundtrack (Sounddesign: Annalena Fröhlich) steuern unter anderem die zeitgenössische R&B-Ikone FKA twigs und Barock-Meister Vivaldi bei. Ein Theaterabend, der in Sachen Humor und Gefühl ins Schwarze trifft: Ersteres z.B., wenn die zwei toughen jungen Frauen Gwendolen (Lisa Birke Balzer) und Cecily (Maximiliane Haß) breitbeinig in Camping-Stühlen sitzend bei Dosenbier „Männergespräche“ führen oder Miss Prism (Katrija Lehmann) durch die Enthüllung ihrer Identität am Ende noch einen Schuss Gruselgroteske ins lustvoll-blödelnde Spiel bringt. Zweiteres, wenn die Zärtlichkeit eines endlos lange scheinenden Männerkusses berührt. Empfehlung!