Nachhaltige Lebensmittel als Welt-Idee
Klasse statt Masse: Artisan Food
Text: Wolfgang Schober/CIS - 25.06.2023
Rubrik: Design
Nicht nur Bauen und Wohnen brauchen eine radikale Wende, die Zuspitzung der Klimakrise zwingt auch im Bereich Ernährung und Lebensmittelproduktion zu einem Turnaround. Christina Hedin fordert in ihrer Rede zur Eröffnung des Designmonat 2023 der CIS eine Revolution in der Lebensmittelherstellung.
Christina Hedin war 15 Jahre lang in leitender Funktion für Eldrimner, dem Schwedischen Zentrum für Lebensmittelhandwerk ( „Artisan Food“), aktiv. Derzeit ist sie als Stadträtin für Umwelt und Entwicklung in ihrer Heimatstadt Östersund in Mittelschweden tätig. Christina Hedin engagiert sich seit Jahren für das Netzwerk der UNESCO Creative Cities. Östersund ist seit 2010 UNESCO City of Gastronomy.
„Die industrielle Nahrungsmittelproduktion mit all ihren Folgen wie der Übernutzung von Boden und Wasser, dem steigenden Pestizideinsatz und dem Tierleid ist alles andere als nachhaltig. Wir müssen dringend auf andere Produktionsweisen im Einklang mit der Natur umstellen“, benennt Christina Hedin, Umweltstadträtin in Östersund in Mittelschweden, das Problem und kennt einen Ausweg. Die Regionalpolitikerin war 15 Jahre lang Leiterin von Eldrimner, dem Schwedischen Zentrum für Lebensmittelhandwerk („Artisan Food“), im Bezirk Jämtland.
Eldrimner fungiert als Kompetenzzentrum für die Erzeugung regionaler Nahrungsmittel mit dem Ziel, das Wissen rund um die handwerkliche Herstellung von Lebensmitteln aus landwirtschaftlichen Rohstoffen der Region zu verbreiten und zu vertiefen. „Rund 500 Teilnehmer aus ganz Schweden besuchen unsere regelmäßigen Kurse zu unterschiedlichen Themen – darunter die Erzeugung von Käse und Joghurt, die Weiterverarbeitung von Fleisch und Fisch oder die Herstellung von Brot“, so Hedin. „Im Fokus steht dabei nicht der Hobby-Gedanke, sondern die Vermittlung von Skills, die den Teilnehmenden erlauben, in die professionelle Lebensmittelerzeugung einzusteigen und damit unternehmerisch tätig zu sein.“ Zahlreiche neue Unternehmen seien daraus bereits entstanden, nachhaltige Lebensmittel-Start-ups – darunter auch viele Landwirte, die ihre Rohstoffe dank neu erworbenem Wissen nun zu hochwertigen Produkten weiterverarbeiten und ab Hof verkaufen. „Daher umfassen unsere Kursinhalte nicht nur handwerkliche Fertigkeiten, sondern auch Know-how in rechtlichen Fragen sowie in Marketing und Vertrieb – die gesamte Wertschöpfungskette.
Alles, was man braucht, um Artisan Food erfolgreich in die Breite zu bringen“, so Hedin, die eine steigende Nachfrage nach diesen Produkten konstatiert. „Unsere Produzenten haben mit vielen Herausforderungen zu kämpfen, ob Inflation oder Energiekrise, dazu die Trockenheit in Folgen des Klimawandels und eine Gesetzgebung, die der Industrie dient und kleine Produzenten benachteiligt – siehe etwa die enormen Hürden bei der Errichtung von kleinen Schlachthöfen in der Region“, so Hedin. „Alles in allem kein einfaches Business. Aber die Konsumenten haben Sehnsucht nach unverfälschten, gesunden Lebensmitteln aus der Region, daher könnten die meisten Produzenten sogar mehr verkaufen, als sie produzieren“, bleibt sie optimistisch. „Ich sehe so viel Begeisterung bei den Menschen, die diesen Weg gehen, vor allem so viele jungen Menschen mit großartigen Ideen. Daher bin ich zuversichtlich, dass der nötige Wandel gelingen wird“, betont Hedin, die sich seit Jahren im Netzwerk der UNESCO Creative Cities engagiert.
Östersund selbst ist UNESCO City of Gastronomy. „Dieses Netzwerk bietet die perfekte Plattform, um die Idee von Eldrimner in andere Teile der Welt zu tragen. Jedes Land, jede Stadt hat wunderbare eigene Lebensmitteltraditionen, die es zu fördern gilt. Kombiniert mit neuen Ideen und den modernen Möglichkeiten der Gegenwart sehe ich großes Potenzial für eine nachhaltige Zukunft.“„Ich sehe so viel Begeisterung bei den Menschen, so viel Engagement und neue Ideen. Daher bin ich zuversichtlich, dass der nötige Wandel gelingen wird.“Christina Hedin, Umweltstadträtin in Östersund