Albernheit und Enthusiasmus in der Kunst

Ernsthaft?!, Neue Galerie und Halle für Kunst

Text: Lydia Bißmann - 12.10.2023

Rubrik: Kunst

René Magritte, „Sans titre, dit aussi La Pipe-sexe“, 1946 (1943), Buntstift auf Papier, Privatsammlung, Courtesy Königliche Kunstmuseen Belgiens, Brüssel, Foto: J. Geleyns - Art Photography, Brüssel, Bildrecht, Wien 2023, mit freundlicher Genehmigung von Ch. Herscovici

Nach Bonn und Hamburg ist die Ausstellung „Ernsthaft?! Albernheit und Enthusiasmus in der Kunst“ nun bis 25. Februar 2024 auch zu Gast in Graz. Aufgeteilt auch die Neue Galerie und die Halle für Kunst bietet die Schau eine sehr lange Liste an Stars der zeitgenössischen Kunst und mit Brueghel und Rembrandt auch zwei Alte Meister an.

Das Kurator*innen-Team Jörg Heiser (Berlin) und Cristina Ricupero (Paris) haben sich dafür vom "schlechtesten Regisseur der Welt“ inspirieren lassen, von Ed Wood. In seinen Filmen sind nicht nur die Darsteller*innen von zweifelhafter darstellerischer Qualität, auch die Requisiten sind Schrott, ganz zu schweigen von der behandelten Thematik wie Aliens, Monster oder Killertomaten. Ed Wood hatte nie Angst davor, sich zu blamieren, und erfand „völlig unreif und stur“ den Humor der Katastrophe, des schlechten Geschmacks, des Fiaskos und der Scham und avancierte so zur Kultfigur.

Ausstellungsansicht „Ernsthaft?!“, Neue Galerie Graz, Foto: Universalmuseum Joanneum/J.J. Kucek

Ausstellung als begehbarer Film

Ernsthaft?! ist nach der Logik eines Storyboards aufgebaut. Besucher*innen können sich durch die Räume, die in sieben Kapitel („Coney Island“, „Ursprünge/ Dada“, „Das moderne Museum“, Minimal Art und Konzeptkunst“, „B-Movies“, „Camp“ und Post-Surrealismus-/Post-Internet“) eingeteilt sind, wie in einem begehbaren Film bewegen. Hier wird das klassische Museum Setting auf die Schaufel genommen, vor einer René Magritte Zeichnung malt Bob Hope seine Zuseher*innen in Trance (Landscape Annihilates/ Sterling Ruby). Maria Lassnig ist in einem Selbstporträt als Almkuh zu sehen, in den Dada-Räumen finden sich Artefakte wie eine Collage von Marcel Duchamp aber auch Arbeiten von weniger bekannten Dada-Künstler*innen. Zwei kleine Zeichnungen von Rembrandt sind nur in Graz zu sehen, genauso wie die Installation von Pauline Curnier Jardin, die die Entstehungsgeschichte der Menschheit in einem Video etwas ungewöhnlich nachzeichnet.

Ausstellungsansicht „Ernsthaft?!“, Neue Galerie Graz, Foto: Universalmuseum Joanneum/J.J. Kucek

Leidenschaft ohne Ironie

Die Schau Ernsthaft?! ist auf den ersten Blick lustig, bunt und amüsant – wo sieht man schon so viele Penisdarstellungen auf einmal – bietet aber auch viel Tiefgang an. Ein gutes Beispiel dafür ist das Kapitel „Camp“. Der Begriff, der aus der LGBTIQ-Szene kommt, heißt nichts anderes als „so schlecht, dass es schon wieder gut ist“. Damit grenzt sich man sich von der „verhipsterisierten Trash-Ironie“ von Quentin Tarantino und Co ab und einen barrierefreien Zugang zu zeitgenössischer Kunst ohne Zeigefinger möglich. Ernsthaft?! Albernheit und Enthusiasmus in der Kunst Eine Ausstellung der Neuen Galerie Graz und der HALLE FÜR KUNST Steiermark in Kooperation mit der Bundeskunsthalle Bonn und den Deichtorhallen Hamburg/Sammlung Falckenberg. 12.10.2023-25.02.2024 Neue Galerie und Halle für Kunst Steiermark

Fabian Marti: A green painting by Giorgio de Chirico of a white poodle playing with a yellow octopus. (KI-generiertes und gemaltes Bild von Fabian Marti)

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Rembrandt van Rijn, „Der pissende Mann“, 1631, Radierung, Alte Galerie / Universalmuseum Joanneum, Foto: UMJ/N. Lackner

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Rokni Herizadeh/ Madame Tussaud, 2018