Rosa Buch für gute Laune im Leykam Verlag

Buchkritik: Das Pen¡smuseum, Mareike Fallwickl, Eva Reisinger & special guests

Text: Lydia Bißmann - 02.09.2025

Rubrik: Literatur
Buchkritik: Das Pen¡smuseum, Mareike Fallwickl, Eva Reisinger & special guests

Das Pen¡smuseum, Mareike Fallwickl, Eva Reisinger & special guests. (Fotocredit: Leykam Verlag)

Mareike Fallwickl, Eva Reisinger haben sich noch ein paar engagierte Feministinnen geschnappt und mit ihnen gemeinsam das Buch Das Pen¡smuseum geschrieben. Mit an Bord: Ivana Reisinger und Sophia Süßmilch, die neben einem der 20 Kapitel auch den Vorsatz und Farbschnitt des haptisch und optisch sehr ansprechenden Buchs in hautfarbenem Rosa gestaltet hat. Die restlichen Illustrationen stammen von Andrea Zapanta Scharf.

Ein Buch mit dem Titel Pen¡smuseum lässt kein cosy-touchy-feely-Buch erwarten, immerhin haben die Autorinnen Mareike Fallwickl und Reisinger bislang Bücher mit den Titeln Männer töten (Leykam, 2023) und Die Wut, die bleibt (Rowohlt, 2022) geschrieben. Pen¡smuseum klingt vielversprechend, es klingt so, als wäre es möglich, die idiotischen, menschenverachtenden und zynischen Erfindungen des Patriarchats in ein Archiv zu bugsieren und dort als exotisch-kapriziertes Kuriosum bestaunen zu können. Als wäre es denkbar, dass man gewissen Penisinhabern ohne Gesetze und rechtliche Konsequenzen klarmachen könnte, dass man Fotos ihrer Geschlechtsteile nicht unverlangt verschickt. Als wäre eine Welt möglich, in der ein Penis einfach neutraler Körperteil ist und kein Mittel zur Gewaltausübung, der Machtdemonstration oder Grund für mehr Gehalt und Freizeit.

Buchkritik: Das Pen¡smuseum, Mareike Fallwickl, Eva Reisinger & special guests

Mareike Fallwickl. (Fotocredit: Pamela Russmann)

Kunst als Gegenschlag

Zimperlich ist die Entourage rund um die Protagonistinnen Ladl–Gitti, Michaela, Marie, Ladl-Gabi, Simone, Theresa und Anne nicht. Sie sind originell, überlegt, zielstrebig und allesamt ziemlich genervt von der Geschlechterungleichheit. Es ist eine Runde von Täterinnen, die sich auf den 204 Seiten tummelt, und man hat überhaupt keine Lust, sie von ihren (Un)taten abzuhalten. Salzkörner im Espresso des One-Night-Stands zum Frühstück sind noch die harmloseste aller beschriebenen Interventionen. Freundschaft, Zusammenhalt und Solidarität werden großgeschrieben, und so helfen sich die Damen gegenseitig (und ganz vereinzelt sogar mit Unterstützung von netten Männern), in der Welt eine Art von Gerechtigkeit wiederherzustellen. Aktuelle Ereignisse wie das Social-Media-Experiment „man or bear“ (dort wurden Frauen auf Instagram gefragt, ob sie im Wald lieber einem Bären oder einem Mann begegnen möchten), der Fall rund um die von ihrem Ehemann schlafend zur Vergewaltigung vermittelte Gisèle Pélicot oder die Diskussion um vorsintflutliche Gesetze rund um den Schwangerschaftsabbruch werden in den Geschichten künstlerisch verwertet. Aber auch die lautlosen und alltäglichen Widerlichkeiten des Patriarchats wie Bodyshaming, Lächelzwang oder eben nicht geleistete Hausarbeit oder Kinderbetreuung werden behandelt.
Buchkritik: Das Pen¡smuseum, Mareike Fallwickl, Eva Reisinger & special guests

Johanna Reisinger. (Fotocredit: Minitta Kandlbauer)

Vom Chatprotokoll bis zum Gebet

Manche der Geschichten sind aus einer auktorialen Erzählperspektive geschrieben, manche als innerer Monolog, andere wiederum sind einfach Chatprotokolle oder gleichen einem Gebet wie „Die perfekte To-do-Liste”. Die Gastbeiträge von Sophia Süßmilch („Die Bedlin“) und „Eine Entschuldigung fürs Mannsein“ von Jovana Reisinger fügen sich problemlos in den Erzählreigen von Mareike Fallwickl und Johanna Reisinger ein, haben aber trotzdem ihre charakteristischen Eigenheiten. Überhaupt hat man das Gefühl, dass trotz Aktionen, die durchaus auch schmerzhaft oder gar tödlich sein können, einem eine große Welle an generationenübergreifender Hilfsbereitschaft, Aufrichtigkeit und Unterstützung entgegenströmt. Als hätten alle am Buch mitwirkenden Frauen kürzlich gemeinsam einen Herzöffnungs-Workshop (oder vielleicht auch einen für Mixed Martial Arts) besucht und dann gemeinsam ein Buch geschrieben. Das ist nicht nur sehr angenehm, sondern auch nützlich, da die Themen Abtreibung, Vergewaltigung, die Verteilung von Care- und Hausarbeit, die Rezeption weiblicher Kunst und der Umgang mit weiblicher Lust einfach immer wieder von Neuem für schlechte Laune sorgen.

Pen¡smuseum ist eine Mischung aus extrem unterhaltsamer Belletristik und einem enorm unlustigen Sachbuch, das den Finger fest auf die gelebte Ungleichheit der Geschlechter legt. Es regt keineswegs zu schmerzhaften Racheaktionen an – so viel Literatur ist es dann doch –, es macht aber große Lust auf gelebte Frauensolidarität. Oder einen Herzöffnungs-, Mixed-Martial-Arts- oder Penisfotografie-Workshop. Hauptsache irgendwas mit vielen lustigen, zielstrebigen, tatkräftigen Frauen, wie sie hier beschrieben sind.

Eva Reisinger wuchs in der oberösterreichischen Provinz zwischen Zeltfest und Wodkabull auf. Ab 2017 baute sie einen Österreich-Schwerpunkt für das junge Medium der ZEIT auf und berichtete als Korrespondentin aus dem Nachbarland. Ihr erstes Buch »Was geht, Österreich?« erschien 2021 bei Kiepenheuer & Witsch. Ihr Bestseller »Männer töten« (Leykam 2023) war für den Österreichischen Buchpreis Debüt nominiert. Mareike Fallwickl hat bereits mehrere Romane veröffentlicht. »Die Wut, die bleibt« (Rowohlt 2022) wurde bei den Salzburger Festspielen inszeniert und wird 2026 verfilmt. »Und alle so still« (Rowohlt 2024) stand auf der Spiegel-Bestsellerliste und wurde auf die Bühne gebracht. Mareike Fallwickl setzt sich für Literaturvermittlung ein, mit Fokus auf weiblichen Erzählstimmen. Sophia Süßmilch wurde als deutsche Staatsbürgerin im letzten Jahrtausend geboren und lebt in Berlin. Sie studierte Bildhauerei sowie Malerei in München und Wien. Süßmilch arbeitet multimedial und genreübergreifend; sie malt Ölbilder zur Beruhigung und ist gern nackig in ihren Foto- und Videoarbeiten. Zuletzt erhielt sie das Arbeitsstipendium des Kunstfonds Bonn 2024. Sie ist Feministin und arbeitet derzeit an ihrem ersten Roman.

Andrea Zapanta Scharf ist freiberufliche Illustratorin. In New York geboren und aufgewachsen ist sie 2014 nach Wien gezogen und hat dort ihren Weg zur Illustration gefunden. Sie arbeitet weltweit sowohl im Editorial als auch im kommerziellen Bereich. Ihre lebhaften Illustrationen finden sich auch in Animationen, Kinderbüchern, Comics und Verpackungen wieder.

Jovana Reisinger ist Schriftstellerin, Filmemacherin und bildende Künstlerin. Zuletzt erschien ihr erzählerischer Essay „Pleasure“ (Park x Ullstein 2024). Ihre Romane „Spitzenreiterinnen“ (Verbrecher Verlag 2021) und „Enjoy Schatz“ (Korbinian Verlag 2022) wurden als Theaterstücke adaptiert und sollen verfilmt werden. Reisinger schreibt regelmäßig für die Vogue und die Frankfurter Allgemeine Zeitung. Ihr erster Langfilm kommt 2025 (ZDF).

Titel: Das Pen!smuseum, Roman
Autorin: Mareike Fallwickl, Eva Reisinger. Mit Texten von Jovana Reisinger, Sophia Süßmilch und Illustrationen von Andrea Z. Scharf.
Verlag: Leykam Verlag
Erscheinungstermin: 02. 09. 2025
216 Seiten
ISBN: 978-3-7011-8355-5