„Der Laptop ist ein guter Freund“
Nachgefragt: Schriftsteller Andreas Unterweger
Text: Sigrun Karre & Stefan Zavernik - 24.11.2022
Rubrik: Literatur
Du bist nicht nur als Herausgeber der ‚manuskripte‘ bekannt, sondern auch als Schriftsteller. Dein in diesem Jahr bei Droschl erschienener Roman „So long, Annemarie“ ist durchwegs positiv rezensiert worden. Bist du ein Cohen-Fan oder wie kam es zu der Titel-Wahl?
Ich bin schon ein Cohen-Fan, im Buch kommt er aber nur einmal kurz vor. Der Titel ist natürlich ein Wortspiel, man hat sofort die Liebes-Hymne von Leonard Cohen im Kopf. Aber zwischen Marianne und Annemarie ist halt - auch klanglich - dann doch ein Unterschied, im Leben geht es dann eben doch nicht immer so hymnisch und mythisch zu.(lacht)
Wenn man in einem renommierten Verlag verlegt, hat man es dann für die eigenen Ansprüche „geschafft“ oder wie zufrieden bist du mit deiner Situation als Autor?
Man muss halt definieren, was man mit „schaffen“ meint. „Geschafft“ hatte ich es gefühlt mit dem ersten Buch, gleich bei meinem Lieblingsverlag Droschl. Damals hatte ich keine Kinder, hab am Land in einem baufälligen, aber total romantischen Haus gelebt für wenig Miete. Da konnte ich herrlich vom Schreiben leben, mit all den Preisen und der Aufmerksamkeit, die es rund um das Debüt immer gibt, die Presse will ja immer neue Autor*innen entdecken. Heute bekomme ich hauptsächlich über meine Arbeit bei den ‚manuskripten‘ Aufmerksamkeit. Das ist mein Brot-Job, den viele als Traumberuf sehen. Rein als Autor könnte ich vermutlich nicht mehr leben. Ausschließlich vom Buchverkauf zu leben, schaffen nur sehr wenige. In dem Bereich, wo ich mich literarisch bewege, geht das auch kaum, diese Art von Literatur eignet sich dafür nicht. Man braucht einen großen deutschen Verlag und einen Bestseller dazu. Und selbst wenn man das alles hat, ist man nicht zufrieden. Nach meiner Erfahrung fühlen sich alle, die schreiben, zu wenig wertgeschätzt. Und immer ist da eine andere, ein anderer, die oder der mehr verkauft, mehr Preise gewinnt, berühmter ist …
Bewusst versuchen einen Bestseller zu schreiben war nie eine Überlegung?
Das könnte ich nicht mit Herzblut machen und außerdem, glaube ich, versuchen das eh viele. (lacht) . Offenbar ist es nicht so einfach. Schön wäre es natürlich, wenn man seine Art von Literatur macht und das verkauft sich dann richtig gut. Ich glaube ja z.B. immer, ich schreibe etwas ganz Simples und Einfaches, damit es zum Lesen nicht zu anstrengend ist, und in den Wahrnehmungen heißt es dann immer „super komplex
Wie viel Zeit findest du neben den ‚manuskripten‘ zum Schreiben und wie gestaltet sich dein Arbeitsprozess?
Ich habe 4, 5 Jahre an dem Roman geschrieben, die Zeit dafür habe ich mir abgezwickt. In der Früh eine halbe Stunde, im Zug 20 Minuten... es ist ein hartes Arbeiten und Schleifen. Da ist der Laptop ein guter Freund. Erstens ist er immer dabei, außerdem kann man damit wirklich gut arbeiten und vor allem überarbeiten. Ich finde, bei manchen Klassikern merkt man, dass die Autoren früher ungern gelöscht haben. Mit der Hand zu schreiben ist ungleich mühseliger, man streicht schwerer, und deswegen sind manche alten Sachen ein bisschen langatmig.
Das bedeutet, die Digitalisierung ist nicht zwangsläufig eine Bedrohung für dieLiteratur, sondern steigert ihre Qualität und Lesbarkeit sogar?
In gewisser Hinsicht: ja. Für mich wäre zumindest der Arbeitsprozess bei Prosa mit der Hand überhaupt nicht vorstellbar.
Credits: Droschl