Dostojevski als Regieanweisung

Kritik: Symptome, Working Life Balance, Kristallwerk

Text: Lydia Bißmann - 12.10.2023

Rubrik: Theater

Johannes Schrettle, Christina Lederhaas in Symptome (Credit: Eva Hofer)

Angelehnt an Dostojewskis Roman „Die Dämonen“ performen Christina Lederhaas und Johannes Schrettle als eine Art Alleinunterhalter-Duo das Musical „Symptome“, das seine Premiere beim NewsOFFstyria feierte. Fair Pay geht sich hier vermutlich nicht aus, die beiden müssen nicht nur alle Figuren des Dramas spielen, auch die Texterin ist krank und die Dekoration unfertig.

Das Stück im im Kristallwerk ist eine gesprochene Regieanweisung (stoisch zur Verfügung gestellt von Johannes Schrettle), die Handlung vage umrissen. Wie immer bei Dostojewski geht es um Menschen, die ständig unlogische Dinge tun und trotzdem unglücklich bleiben. Es gibt jemanden, der nach Hause zurückkehrt, jemand anders stirbt. Soviel zum Plot, der irgendwie am Stand tritt, da nach und nach krankheitsbedingt alle wegfallen (nicht ohne die körperlichen Beschwerden vorher etwas zu genau zu erklären). Die, die bleiben, versuchen verzweifelt, das Projekt am Leben zu erhalten. Nikola Stawrogina (Christina Lederhaas) singt und tanzt sich ins drohende Burnout, schlecht ist ihr schon zu Beginn. Die abwesenden Darsteller*innen, die noch dazu eine Band bilden, werden schlicht durch eine Thermoskanne, ein grünes Cape oder auch eine pinkfarbene Hose ersetzt. Wer wen spielt, ist nicht immer erkenntlich, die Wechsel sind schnell. In einer Szene kurz vor dem zweiten Teil kommen Trance-Gefühle auf, wenn die beiden alle nicht präsenten Kolleg*innen ein und dieselbe Nummer (ein hübscher Ohrwurm) singen lassen. Subtil fügen sich die Fragmente zu einem Ganzen, tapfer verlieren die beiden dabei nicht den Atem. Working Life Balance bietet mit Symptome frisches und experimentelles Theater an, bei dem es nicht langweilig wird, wenn man einmal akzeptiert hat, dass man sich die verwirrenden Zustände und Beziehungen auf der Bühne nicht merken muss. Aber das will man ja im echten Leben auch nicht und daher bleibt Zeit und Muße, um sich auf die ziemlich beeindruckende körperliche Leistung von Christina Lederhaas und die fast schon dadaistisch-punkigen Wortwitze in den Songtexten im Text zu konzentrieren. Weitere Termine unter: Working Life Balance