Kritik: Schneewittchen und die 77 Zwerge, Oper Graz

Librettistin Susanne Felicitas Wolf hat das Personal für das 2015 in Berlin uraufgeführte Musical durchaus modernisiert und ein temporeiches Stück geschaffen, das in seinen zwei Stunden einiges an Witz und Action mit sich bringt, sich aber nicht allzu weit vom Original entfernt. Friedrich Eggert hat dafür eine praktische, an einen Zirkus erinnernde Bühne entworfen, in der Regisseurin Nicole Claudia Weber und Choreograph Jerôme Knols nie Langeweile aufkommen lassen. Elena Kats-Chernin hat dazu eine abwechslungsreiche, üppig instrumentierte (ein Cymbalom inklusive) Musik geschrieben, deren Stilpalette vom Schlager bis zur Oper reicht – und die von der Grazer Oper auch sehr ernst genommen wird: Im Orchestergraben sitzt die erste Riege, Dirigent Stefan Birnhuber hat Orchester und Darsteller:innen bestens vorbereitet, das Geschehen fest im Griff und lässt die Musik zur Hauptsache werden.

Corina Koller ist ein hochsympathisches Schneewittchen, dem man die selbstbewusste wie auch die einfühlsame Seite gerne abnimmt, zudem singt sie ihren (teilweise recht anspruchsvollen) Part vorzüglich. Ihr zur Seite Michael Großschädl, der das Kaninchen Richard III. ein wenig tollpatschig und mit viel Augenzwinkern anlegt. Leah Bedenko ist eine bisweilen hysterische, selbstverliebte Königin, lässt ihre Rolle aber niemals zur Karikatur verkommen. Ted Black ist ein Märchenprinz par excellence, dem die Kinder zu Füßen liegen und bei dem die Erwachsenen vergnügt ordentlichen Klischee-Überschuss entdecken. Will Frost gibt einen wunderbar gehetzten Koch auf der Suche nach seinen Zutaten und einen gutmütigen Jäger Müller, Nikita Ivasechko spielt den schläfrigen, etwas genervten Spiegel, wie er ihn auch singt: hervorragend.

Aber was wäre Schneewittchen ohne ihre (dieses Mal 77) Zwerge: Die jungen Damen und Herren von der Singschul’ der Grazer Oper brillieren – wie immer bestens einstudiert von Andrea Fournier – sowohl im Ensemble als auch mit zahlreichen schrulligen solistischen Einwürfen und meistern auch ihren musikalischen Teil einwandfrei. Mit diesem „Schneewittchen“ hat die Grazer Oper ein wirklich witziges, schwungvolles, aber auch musikalisch gehaltvolles Familienstück in starker Besetzung auf die Bühne gebracht – wenn das kein Hit wird …

Familienmusical ab 6 Jahren in zwei Akten, Libretto von Susanne Felicitas Wolf. In deutscher Sprache.
Besetzung:

• Musikalische Leitung: Stefan Birnhuber (Nov: 29, 30, Dez: 3, 4, 4, 14, 14, 19, 19, Jan: 6, 6, 23) / Ulises Maino (Dez: 20, 23, 23, 28, 28, Mai: 27, 29, Jun: 12)
• Inszenierung: Nicole Claudia Weber
• Choreographie: Jerôme Knols
• Bühne & Licht: Friedrich Eggert
• Kostüme: Alfred Mayerhofer
• Dramaturgie: Katharina John
• Singschul': Andrea Fournier
• Schneewittchen: Corina Koller
• Richard III., ein weißes Kaninchen: Michael Großschädl
• Die Königin: Leah Bedenko
• Prinz Maximilian Gutefried Gartenfried: Ted Black
• Der Spiegel: Nikita Ivasechko
• Herr Müller, Jäger | Herr Meier, Koch: Will Frost
• Statisterie der Oper Graz, Singschul' der Oper Graz