Inszenierte Spitzengastronomie

Kritik: Die Speiseträgerinnen, Rabtaldirndln, Theater am Lend

Text: Lydia Bißmann - 01.12.2025

Rubrik: Theater
Kritik: Die Speiseträgerinnen, Rabtaldirndln, Theater am Lend

Fotocredit: Nicola Milatovic

Die Rabtaldirndln nehmen sich in ihrem aktuellen Stück Die Speiseträgerinnen (Regie: Ed Hauswirt) im Theater am Lend die Gastronomie zur Brust. Ein dunkler, tiefer Sumpf, der aus angewandtem Sexismus, stringenter Ausbeutung, antiquierten Hackordnungen und Pfennigfuchserei bestehen kann.

Das vierköpfige Frauenkollektiv inszeniert sich als Viererteam in der Spitzengastronomie. So spitze, dass einem beim Preis für einen Distinktiv schon einmal die Tränen kommen können, wenn eine allergische Gästin es auch nur andenkt, ihn als Entschädigung für eine Haselnussallergie haben zu wollen.
Kritik: Die Speiseträgerinnen, Rabtaldirndln, Theater am Lend

Fotocredit: Nicola Milatovic

Bubble-Fantasien mit Widerspruch

Nach einem Softfoodporno als Intro, bei dem sorgfältig geschnippelt und arrangiert wird und der von einer vorgelesenen, gefühlt 100-gängigen Menübeschreibung begleitet wird, etablieren Barbara Carli, Rosa Degen-Faschinger, Bea Dermond und Gudrun Maier ihre Figuren, die dieses Mal andere Namen tragen. Wie es scheint, sind es vier Unternehmerinnen, die in einem eingeschworenen Team eben jenes hochklassige und preisige Speise-Etablissement führen. Und genau hier hakt das Stück: Beim Titel „Die Speiseträgerinnen” denkt man eher an Frauen mit Substanz, die riesengroße Tabletts, vollgestopft mit dampfenden Gulaschtellern und den größten Biergläsern, die es außerhalb von Bayern gibt, über Kopf durch die Gegend befördern. Frauen, die übergriffige Gäste mit einer Hand ins Freie befördern können, fix mit einer Mini-Mindestpension liebäugeln und aufgrund ihrer asozialen Arbeitszeiten auch ein derartiges Gesellschaftsleben haben. Man denkt nicht an Mitglieder der Wirtschaftskammer. Wer jemals Erfahrungen in der Gastronomie gesammelt hat, weiß ziemlich gut, dass Ausbeutung und Missbrauch in der Gastronomie zu einem großen Teil von den Arbeitgebenden ausgehen und Frauen hier ausnahmsweise einmal recht gleichberechtigt in der Rolle als Täterinnen agieren. Dieser Widerspruch liegt unangenehm über dem ganzen Stück und gibt ihm einen etwas faden Bubble-Beigeschmack. Trotz herrlicher Maske, die essbar ist und eine eigene Geschichte hat, wie immer erstklassiger Kostüme, ziemlich erschütternder und mutiger Fastnacktszenen von Barbara Carli und wunderschön und berührend gespielten Alkoholproblem-Szenen von Gudrun Maier wirkt das Szenario ein wenig aufgesetzt und unglaubwürdig. Die Rabtaldirndln performen wie gewohnt auf den Punkt und tadellos, aber Regie und Text trauen sich nicht wirklich an die Thematik heran. Das endlose Abbeten der raffinierten Speise- und Zutatennamen ist einen Tick zu dominant, die Kotz-Szene am Anfang wirkt konstruiert und verfehlt ihr Ziel genauso wie die Striptease-Allegorie in Lederhose oder der Spritzkerzentanz am Tisch. Etwas zu lang und manchmal auch zu laut sind die Musikeinspielungen, und auch die Möbel (abgesehen von der sorgfältig abgestimmten Tischausstattung) erinnern eher an ein Absturzbeisl als an ein Haubenlokal. „Nicht Fisch, nicht Fleisch“ geht einem leider durchgehend durch den Kopf beim Zusehen. Das ist schade, da Thema und Performerinnen viel mehr können, wenn sie denn dürfen.
Kritik: Die Speiseträgerinnen, Rabtaldirndln, Theater am Lend

Fotocredit: Nicola Milatovic

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Fotocredit: Nicola Milatovic

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Fotocredit: Nicola Milatovic