'Wir wollen in der Region etwas bewirken'
Interview: Michaela Leutzendorff-Pakesch, HOCHsommer Art
Text: Lydia Bißmann - 31.07.2023
Rubrik: Kunst
Das HOCHsommer Art Festival bespielt dieses Jahr zum 7. Mal die Grenzregion in der Südoststeiermark inklusive Slowenien und dem Südburgenland mit zeitgenössischer, bildender Kunst an 14 verschiedenen Orten. Wir haben uns mit Leiterin Michaela Leutzendorff-Pakesch über das Festival unterhalten.
Seit diesem Jahr haben sie die Festivalleitung über. Wie sind Sie zum Festival gekommen?
Eigentlich hat das Festival seinen Ursprung in einer Initiative von 2012 zwischen Karl Karner, Mathis Esterhazy, Hans Weigand, der damals in der Kunst an der Grenze-Halle / Jennersdorf ausgestellt hatte und mir, wir haben das „Südseite“ genannt und an einem Wochenende unsere Veranstaltungen in Kornberg, Jennersdorf und Serdica (SLO) koordiniert. Ich hatte damals im Meierhof Kornberg Kunstprojekte realisiert und Karl hat seinen KS Room eröffnet. Daraus ist dann später der Hochsommer entstanden und ich bin, nachdem der Schauplatz Kornberg umdefiniert wurde, mit dem Kunstfenster Gnas, das ich 2019 geöffnet habe, wieder dazu gestoßen.
KS Room in Dörfl (Credit: KS Room)
Was sind neue Ansätze, die Sie als Festivalleiterin mitbringen, was möchten Sie beim HOCHsommer Art Festival verstärken und beibehalten?
Eine Neuerung sind definitiv unsere begleiteten Bustouren. Wir wollten damit ein Angebot machen, das nachhaltiges Verhalten und Vermittlung miteinander verbindet und bieten an den Wochenenden von Autor:innen oder Kurator:innen begleitete Kunstreisen von den Bahnhöfen weg an. Das wurde hervorragend angenommen, die Bustouren sind ausgebucht. Was bleiben soll, ist die individuelle Programmierung der einzelnen Mitglieder, wenngleich wir gewisse Qualitätskriterien haben und keinesfalls unter das erreichte Niveau zurückfallen wollen. Wir besprechen die Auswahl der Projekte in unserem Gremium.
Ernte23 in der Kunsthalle Burgenland mit Anna Paul und Karin Bucher-Trantow im
Unter welchem Thema steht das heurige Festival? Gibt es überhaupt eines?
Ich war bei Themen immer skeptisch, weil sie ja meistens doch nur ein Mascherl sind, dass nachträglich umgebunden wird. Deshalb habe ich diesmal bewusst im Nachhinein einen gemeinsamen Nenner behauptet und das ist ZWISCHENSTAND – damit ist glaube ich alles gesagt.
Christian Eisenberger bei Landart Eisenberg (Credit: K.K.)
Beim Festival werden Arbeiten von aufstrebenden oder bereits etablierten Künstler*innen wie Constantin Luser, dessen Werke in der Sammlung Heidi Horten zu finden sind, oder Markus Wilfling gezeigt. Wie werden die teilnehmenden Künstler*innen für das Festival gefunden?
Wie gesagt, jede Institution, jede Initiative, jedes Mitglied sucht sein eigenes Programm, aber wir sprechen darüber, wer was machen will und es ergeben sich manchmal Dinge im Dialog.
Protoflex , Constantin Luser in der Kugelmühle. (Credit: Constantin Luser)
Was gibt es neben den Ausstellungen beim HOCHsommer Art Festival noch zu erleben?
Einiges, in der Installation von Hans Schabus bei L201 in Studenzen finden spannende Musikperformances von jungen Künstler:innen statt, Alicia Edelweiß, Stina Force, Peter Piek & Felix Helmut Wagner, im Pavelhaus gibt es ein Konzert Fin Divilly & The Very Special Band, in der Kunsthalle Burgenland eine Lecture Performance von Ralo Mayer, im Wald unterhalb von Schloss Poppendorf ein Waldkonzert mit dem JodlKlub. Bei Landart Eisenberg kann man den Film von Christian Eisenberger sehen, bei Art Display Jennersdorf eine Lesung von Bernhard Aichner, im Hafen 42 gibt es eine DJ-Night, bei Austovinyl in Fehring ein Ausstellungsgespräch mit Konzert von Hell Mutang – Roland REITER – SCHUschu.
Alicia Edelweiß (Credit: Olesya Parfenyuk)
Worin bestehen für sie die Unterschiede zwischen einem Festival am Land und einer Ausstellung in der Stadt? Was sind die Stärken von Kunst in den Regionen?
Wir müssen uns mehr anstrengen, unsere Zielgruppe sind ja nicht die Grazer oder Wiener Schlachtenbummler, natürlich freuen wir uns auch über die, aber eigentlich wollen wir hier in der Region etwas bewirken. Es ist nicht so leicht, die Leute hier zu erreichen, da muss man schon wirklich viel arbeiten und darf sich nicht enttäuschen lassen. Aber wenn dann jemand dasteht, der oder die noch nie bei sowas war, dann eine Frage stellt, sich plötzlich eine Tür auftut und etwas zurückkommt, dann ist das wunderschön und ungleich wertvoll. Ich glaube an Entwicklung und die Kraft von Bildung. Eine Stärke sind sicher die vielen unterschiedlichen Möglichkeiten in der Wahl der Orte und die tolle Bereitschaft der Leute, mit anzupacken, wenn es darum geht, etwas umzusetzen, sind Fachleute unglaublich praktisch und hilfsbereit, die Unterstützung, die ich beispielsweise in Gnas mit meinem Kunstfenster erfahre, ist großartig.
Sein und Tun von Beate Gatschelhofer im Tiefkühlhaus, in Jennersdorf. (Credit: Beate Gatschelhofer)
Kurzbiographie Michaela Leutzendorff Pakesch:
Michaela Leutzendorff Pakesch studierte Theaterwissenschaft,
Schauspielausbildung, zahlreichen Theater-Projekte,
Engagements in Deutschland, der Schweiz und Wien.
Produktionsleitung bei diversen Filmprojekten. (u.a. Luis Barragan - The Quiet Revolution, Dokumentarfilm)
1997-2003 Schweiz, Aufbau und Betreuung des Freunde-Vereins der Kunsthalle Basel, Organisation zahlreicher Kunstreisen und Vorträge sowie eines großen Fundraising-Projektes zur Renovation der Kunsthalle.
2005-2007 Kunstmanagementstudium in Wien.
2008 Gründung von schau ein Kunstmagazin für junge Menschen.
2013 Gründung des Kulturvereins Meierhof Kornberg – Ausstellungen und Projekte in Zusammenarbeit mit dem steirischen herbst sowie mit dem Institut für Kunst im öffentlichen Raum Steiermark.
seit 2019 - Kuratorin von Kunstfenster Gnas .
2020 Kuratorin der Ausstellung INGRID WIENER northwest passage im Museum Hartberg .
Herausgeberin und Autorin der Werkmonographie INGRID WIENER Durch die Kette sehen (Schlebrügge editor).
seit 2021 - Mitglied des Kulturkuratoriums des Landes Steiermark.
2023 Kuratorin der Ausstellung Von weit weg sieht man mehr im Kunsthaus Graz gemeinsam mit Katrin Bucher Trantow .
HOCHsommer Art Festival, 4. bis 15. August