Premiere für das Grazer Impro Fest GIF

Improvisation und mehr im Schaumbad

Text: Lydia Bißmann - 22.08.2023

Rubrik: Musik

Konzerte, Gatherings, Sessions und mehr beim GIF, Grazer Impro Fest. (Credit: Peter Hutter)

Neun Tage lang steht das freie Atelierhaus Schaumbad ab 25. August ganz im Zeichen der musikalischen Improvisation. Das dichte Programm bietet neben Konzerten, Workshops, Gatherings, gemeinsamen Kochen und Performances auch eine Modenschau an.

Eigentlich überwiegend ein Ort für die bildende Kunst, ist das Schaumbad immer wieder ein Ort für Konzerte, eine Opernproduktion oder Partys gewesen. Mit dem Grazer Impro Fest GIF ist es nun gelungen, die Musik in den wunderschönen Räumlichkeiten in der Puchstraße fix zu verankern. „Die dreijährige Förderung macht es möglich, groß zu denken, der Stadt etwas zurückzugeben, wofür es eben Ressourcen braucht”, so Keyvan Paydar, der selbst als Schlagzeuger Stammgast bei Grazer Impro-Sessions ist und das Festival initiiert hat. Gemeinsam mit der Improvisationsvokalistin Annette Giesriegl, die an der Kunstuniversität Graz doziert, hat er die neun Tage kuratiert und mit dem restlichen Team des Schaumbads (Elke Murlasits, Gerd Juritsch, Katharina Oberegger) umgesetzt. Im Mai 2018 gastierte im Schaumbad der Improcon (Congress Of Free Improvised Music, Arts & Thoughts), bei dem drei Tage lang musikalisch improvisiert, diskutiert und präsentiert wurde. Mit 37 nationalen und internationalen KünstlerInnen und Kollektiven präsentiert sich das GIF jetzt als neue Festival-Institution, die die bereits bestehende und virale Szene der Stadt zusammenführen und präsentieren soll.

Die Schweizer Musikerin Charlotte Hug performt mit dem STIO am 26. August ein Konzert. (Credit: MUTESOUVENIR | KAI BIENERT)

Improvisation: Ein Talent der Zukunft

Improvisation in der Musik ist in unseren Köpfen stark mit Jazz verbunden. Elemente davon finden sich im wunderschön gestalteten Festival-Sujet (Lukas Diemling), das an die Bildsprache der 50er-Jahre erinnert und auch darin, dass am GIF gekocht, entspannt, gearbeitet und ganz sicher auch geschwitzt werden wird. So wie es die legendären Alben „Cooking”, „Relaxing”, „Working” und „Steaming” der Jazz Legende Miles Davis eben proklamieren. Tatsächlich wird beim Improvisieren aber auf das Genre sowie Harmonien, Tempo und Tonart verzichtet. Es geht es vielmehr darum, den Augenblick zu nutzen, aufeinander zu hören, sich an die anderen anzunähern und die eigenen Möglichkeiten auszuprobieren, anstatt die eigenen Spielfähigkeiten ins Rampenlicht zu stellen. Um das empathische Agieren im Kollektiv als Individuum. Die Core Values des menschlichen Zusammenlebens denkt man genauer darüber nach.

BU: Philipp Steinkellner, Markus Gruber und Martin Rupp performen am 1. September um 19h. (Credit: Philipp Steinkellner)

Dichtes Programm mit Benefits

Das GIF hat kein Motto oder Thema, wichtig bei der Programmierung der einzelnen Tage war es Keyvan Paydar nur, dass die jeweiligen Punkte am Tag thematisch zusammenpassen. Auftakt am Freitag ist die Finissage der Ausstellung „Raumforderung”, die bislang im Oberdeck zu sehen war. Die Künstlerin Gudrun Lang setzt sich in dieser kleinen, aber sehr intensiven Schau in ihren Keramikobjekten mit dem Krebs und seinen Folgen auseinander. Mit Tolga & Friends wird gekocht, das Kollektiv der Literaturzeitschrift mischen nimmt eine literarische Dokumentation des Festivals vor. Die Texte können als Liveticker auf Social Media verfolgt werden und bekommen final von RISOGRAD als literarische Postkarten auch analog Leben eingehaucht. Was ein erfolgreiches Gathering ist und wie man erfolgreich im Zusammenhang mit diesem offenen Format überhaupt definiert, darum geht es bei der Lecture von Annette Giesriegl gleich zu Beginn. Am ersten Samstag steht nach einem Gastspiel des STIO Styrian Improvisers Orchestra, das gemeinsam mit der Schweizer Musikerin und Visual Art Künstlerin Charlotte Hug ein Konzert erarbeiten wird, eine Performance mit Yuri Landman, Richie Herbst und Marcin Morga auf dem Programm. Yuri Landman ist Erfinder von Instrumenten und hat Bands wie Sonic Youth oder die Einstürzenden Neubauten mit experimentellen Instrumenten ausgestattet. Am Sonntag gibt es mit ihm einen Kalimba Bauworkshop. Raphael Meinhart von der KUG wird am Montag einen Drum-Circle-Workshop leiten. Vorkenntnisse sind dafür keine nötig, auch die Instrumente werden zur Verfügung gestellt. Am Abend gibt es ein von Patrick Wurzwallner kuratiertes offenes Konzert des Grazer Impro Klub GIK, der sonst im Forum Stadtpark beheimatet ist, aber Ende August gerade in Sommerpause ist. Wie ein Impro-Chor funktionieren kann, lernt man in einem Workshop am Dienstag bei Yvonne Hofmeister von den Grrrls.

Keyvan Paydar, selbst Schlagzeuger, initiierte das Festival im Schaumbad. (Credit: GIK)

Nonverbale Diplomatie und untragbare Mode

Ein Workshop und ein Gathering mit der nigerianischen Künstlerin Chloé Ryo beschäftigt sich am Mittwoch mit außereuropäischen Instrumenten. Das Projekt „pieces for peace(s)” von Margarethe Maierhofer-Lischka und Eva Esmannn Behrens ist eine Mini-Residency, die sich über eine Woche hinzieht und sich als eine Art temporäres Versuchslabor für „nonverbale Diplomatie” sieht. Eine AV-Installation und ein Workshop zu diesem spannenden Thema, bei dem unter anderem die KünstlerInnensoftware Isadora zum Einsatz kommt, gibt es am Donnerstag. Um das Jammen mit rein elektronischen Instrumenten geht es bei dem Gathering mit der Klangkünstlerin Auto Sophia. Der Abend soll liebevoll an die Impro-Sessions play-e-ground erinnern, die in den vergangenen Jahren regelmäßig im Café Wolf über die Bühne gingen. In der Malwerkstatt von Jugend am Werk reagieren Art-Brut-KünstlerInnen direkt in ihren Arbeiten auf das tägliche Festivalgeschehen. Die Ergebnisse sind ab Freitag im Oberdeck zu sehen. Nach einer Outdoor-Live-Improvisation von Adina Camhy und Katrin Euler, die aus gesammelten Sounds rund um die „Industriebrache” Schaumbad besteht, wird es spannend bei der „one-minute fashionshow” gegen Festivalende. Die Meisterklasse der Ortweinschule für Keramik drapiert den Modellen hier live Mode aus Ton, der aus einer Art Wurstmaschine kommt, auf den Leib. Live-Übertragungen und Ausstrahlung der Konzerte und Gatherings gibt es auf Radio Helsinki.

Astrid Rieder malt mit beiden Händen live am Freitag zu einem Impro-Konzert von Masimba Hwati. (Credit: Astrid Rieder)