Dauerausstellung ‘Selection’, Neue Galerie

Die rund 70.000 Werke umfassende Sammlung der Neuen Galerie Graz wurde in den letzten Jahren unterschiedlich präsentiert, zuletzt bis Sommer 2024 unter dem Titel SHOW! Highlights aus der Sammlung in einer umfangreichen Ausstellung. Rund 9.000 Interessierte besuchten die Ausstellung in vier Monaten. Aufgrund der hohen Nachfrage wird nun eine Dauerpräsentation der Sammlung gezeigt, die als Verdichtung unter dem Titel Selection zu sehen ist. Erstmals war das Publikum aktiv an der Neuauswahl beteiligt.

Neben großen Namen und regionalen Schätzen wie dem Gemälde Stadtende von Egon Schiele, Venus bleu von Yves Klein und Erzberg von Herbert Boeckl wünschten sich die Besucher:innen auch, Liu Xiaodongs Werk Trees Growing out of Swimming Pool länger zu sehen. Für die Ausstellung Prozesse Malen verbrachte der Künstler einen Monat im steirischen Eisenerz, wo er mit der Bevölkerung lebte und sich intensiv mit dem Ort auseinandersetzte. Während seines Aufenthalts entstanden die Werke Trees Growing out of Swimming Pool und The Fire of 1841, zwei Gemälde, die sich mit der Vergangenheit und Gegenwart der obersteirischen Stadt beschäftigen.

Die Ausstellung Selection umfasst die Zeitspanne von 1800 bis heute und folgt damit dem Sammlungszeitraum der Neuen Galerie Graz. Die Werke des 19. Jahrhunderts orientieren sich an kunsthistorischen Kategorien wie Landschaftsmalerei, Städtebild, Porträt, Akt usw. Diese Einteilung würde jedoch die heutige Kunst nur unzureichend erfassen. Selection versucht daher – wie schon die vorangegangene Sonderausstellung SHOW! – die klassischen inhaltlichen Kategorien auf einer historischen Ebene im Parcours beizubehalten und sie gleichzeitig mit späteren, bis hin zu gegenwärtigen, Exponaten zu begleiten und zu kommentieren. Die Ausstellung soll eine Reise von 1800 bis heute ermöglichen. In diesem Zeitraum, in dem sich unser Lebensraum und der Mensch selbst grundlegend verändert haben, sind bedeutende und ergreifende Bilder entstanden.

Auch die Themenauswahl der Sonderausstellung SHOW! wird weitergeführt, jedoch in einer etwas verdichteten Form. Die frühen Werke treten in Dialog mit neueren Arbeiten und gegenwärtigen Diskursen: Krieg, Ökodesaster sowie die Bildwerdung der Natur treten dabei deutlich hervor. Es entsteht kein kunsthistorisch linearer Ablauf, sondern eine vernetzte Struktur – eine Gesamterzählung. Die Ausstellung stellt etwa die Frage: Was wurde aus dem Akt? War dieser einst die Idealisierung des menschlichen Körpers – aus dem Geist der Antike –, so wurde er im 20. Jahrhundert zum Schauplatz psychischer Effekte oder zu einem Datenbündel. Ferne und Nähe haben heute andere Bedeutungen als im 19. Jahrhundert, in der Zeit der Orientmode sowie des hemmungslosen Kolonialismus und Kulturimperialismus. Heute stehen Flucht, Migration und Xenophobie für dieses Begriffspaar. Postkoloniale Verwerfungen prägen heute die zentralen Problemzonen. Die sich verändernde geopolitische Gesamtlage verdeutlicht diese Umstände auf offensichtliche Weise. Am Ende der Ausstellung lösen sich die Erzählstrukturen auf: Abstraktion, die Erweiterung des Tafelbildes, die Auflösung klassischer Kategorien, die Auseinandersetzung mit dem Kunstsystem an sich sowie die Mediatisierung stehen nun im Mittelpunkt.

Die Ausstellung wird von einem Vermittlungsprogramm begleitet, das umfassende Werkbeschreibungen über einen Audioguide sowie ein inhaltlich dicht gestaltetes Vermittlungsheft bietet. Zudem wird es zahlreiche Führungen durch die Ausstellung geben, die sowohl einen Überblick verschaffen als auch thematisch fokussierte Einblicke in die verschiedenen Aspekte der Schau ermöglichen.

Highlights aus der Sammlung Neue Galerie Graz

Joanneumsviertel, 8010 Graz
Öffnungszeiten: Di. bis So.: 10h bis 18h
Laufzeit: ab 29.11.2024
Kuratiert von Günther Holler-Schuster
Neue Galerie Graz, Joanneumsviertel, 8010 Graz
www.neuegaleriegraz.at