Ein Ausflug in ein exotisches Land

Buchkritik: Stefanie Sargnagel, Iowa

Text: Lydia Bißmann - 11.12.2023

Rubrik: Literatur

Credit: Rowolt Verlag)

Die Falter-Illustratorin und Bestsellerautorin Stefanie Sargnagel hat mit Iowa einen neuen Roman vorgelegt. Nach Dicht (2019) beweist sie damit einmal mehr, dass gute Literatur in jedem Kleid daherkommen kann, als Statusmeldung auf Social Media oder eben als Roman.

Iowa handelt von einem siebenwöchigen Amerika-Aufenthalt, in dem Stefanie Sargnagel an einer Privatuni Creative Writing unterrichten soll. Anfangs wird sie dabei von der Berliner Sängerin (Lässie Singers), Autorin und Journalistin Christiane Rösinger begleitet, bevor die legendäre „Mama Sargnagel“ auftaucht. (Christiane Rösinger steuerte dem Buch Kommentare in Form von Fußnoten bei, in denen Missverständnisse in Sargnagels Nacherzählung der Geschehnisse aufgeklärt werden). Zwei punkige Großstadtpflanzen treffen auf endlose Weiten im Eldorado des Kapitalismus. Trotz rudimentären Öffi-Verkehr, komplizierter Autovermietung und wenig Abendunterhaltung jenseits des Liberal Art Colleges langweilen sich die beiden (fast) nicht zu Tode und finden immer etwas zu tun. Das Sortieren von Unterhosen, Ausflüge in Mega-Supermärkte mit und ohne Waffen, in Aussteiger-Kolonien von Amish und klar dezidiert Nicht-Amish-People, die Begegnung mit Camouflage-gewandeten Tinder-Vorschlägen oder die Schilder „No Guns Allowed“ sind Abenteuer genug und Anlass. Außerdem gibt es Greyhound Busse, deren Besteigung normale Amerikaner*innen vor Angst erschaudern lässt und ein Absturz-Beisl, in dem die Autorin auch alleine Anschluss sucht. Sanft und warm erzählt Stefanie Sargnagel in Iowa über Freundschaft, Einsamkeit, Depressionen, Größenwahn, Generationenkonflikt, Gentrifizierung und Eso-Unis. Die amerikanischen Verhältnisse scheinen durch (seltsames Essen, fehlende Krankenversicherung, Waffenwahn, Obdachlose und perfekte Zähne) spielen aber eher eine dekorative Rolle im Hintergrund, was die Zustände noch viel absurder erscheinen lässt. Wie ein feministischer Schopenhauer wandelt sie den Alltag in kluge Weisheit um. Iowa ist kein Amerika-Bashing oder Entwicklungsroman, es ist eine schön erzählte Geschichte von einer Reise in ein exotisches Land, Freundschaft und den verwirrenden Dingen, die das Leben so mit sich bringt. Das war bei Dicht auch der Fall, aber würde man beide Bücher mit Schuhwerk vergleichen, wäre Dicht der orthopädische Punk Stiefel für unterwegs und Iowa ein Lammfellhauspatschen, den man nicht mehr ausziehen will. Titel: Iowa, Roman Autor: Stefanie Sargnagel Verlag: Rowolt Verlag Erscheinungstermin: 19.12.2023 304 Seiten ISBN: 978-3-498-00340-1

Bestsellerautorin Stefanie Sargnagel über die USA. (Credit: Apollonia Theresa Bitzan)

Stefanie Sargnagel

Stefanie Sargnagel, geb. 1986, studierte in der von Daniel Richter angeleiteten Klasse der Akademie der Bildenden Künste Wien Malerei, verbrachte aber mehr Zeit bei ihrem Brotjob im Call-Center, denn: «Immer wenn mein Professor Daniel Richter auf Kunststudentenpartys auftaucht, verhalten sich plötzlich alle so, als würde Gott zu seinen Jüngern sprechen. Ich weiß nie, wie ich damit umgehen soll, weil ich ja Gott bin.» Seit 2016 ist sie freie Autorin – und verbringt seitdem mehr Zeit bei ihrem Steuerberater. Sie erhielt den BKS-Bank-Publikumspreis beim Wettbewerb zum Ingeborg-Bachmann-Preis 2016. Ihre beiden Bücher Statusmeldungen und Dicht waren Bestseller, Statusmeldungen wurde für das Kino verfilmt. (Rowolt Verlag)