einen Fluss verstehen

Ausstellung: Ulla Rauter: Parlando, esc medien kunst labor

Text: Robert Goessl - 05.03.2025

Rubrik: Kunst

Credit Martin Gross

Das esc medien kunst labor untersucht in seinen Ausstellungen die Schnittstellen zwischen Mensch und Maschine und sucht dabei neue Möglichkeiten und Verbindungen zwischen den menschlichen Fähigkeiten und dem Potenzial, das digitale Entwicklungen mit sich bringen. In diesem Sinn ist auch das Projekt „Parlando“ zu verstehen, in dem Ulla Rauter die Geräusche eines fließenden Baches in Worte umwandelt.

Ulla Rauter entwickelt eine Spracherkennungsmaschine, die mithilfe von Deep Learning und spektraler Klanganalyse arbeitet. Ein Spektrogramm zerlegt den Klang eines fließenden Baches in Lautstärke, Frequenz und Zeit. Durch die Analyse der Frequenzverteilung und den Einsatz eines auf Sprache trainierten neuronalen Netzwerks sucht sie nach Spuren menschlicher Sprache im Rauschen des Wassers. Dafür trainiert sie das System mit ihrer eigenen Stimme, indem sie wiederholt einzelne Worte und kurze Phrasen einspricht und ihre Intonation an den Klang des Flusses anpasst. So erkennt das Programm akustische Muster im Spektrogramm und ordnet ihnen menschliche Worte zu.

Credit kuma

Der Raum als mystische Welt

Auf drei Bildschirmen, vor denen man gemütlich auf einer Couch Platz nehmen kann, läuft in Dauerschleife ein Video eines fließenden Baches, das akustisch den Raum erfüllt.Im Video zeigt ein Laptop neben dem Bach die spektrale Darstellung der aktuellen Geräusche. Das erkannte Wort oder die zugeordnete Phrase erscheint zentral auf dem Bildschirm. Dadurch entsteht der Eindruck, der Bach erzähle eine Geschichte – als würde er durch die Technologie zum sprechenden, beseelten Objekt.

Credit kuma

Die menschliche Natur

Das magische Ambiente im dunklen Raum lädt zum Verweilen ein und schafft eine konzentrierte Atmosphäre. Geräusche werden zu Lauten, Worte entstehen, ihre Abfolge weckt Assoziationen. Es ist ein zutiefst menschliches Bedürfnis, diese Worte in einen Zusammenhang zu setzen – eine Geschichte zu „erfahren“. Der Bach scheint eine Stimme zu bekommen. Sein Plätschern, geformt von Blättern, Wurzeln und Steinen, wirkt wie eine Reaktion auf die Umgebung – als würde er mit uns kommunizieren. Die Stimmung verleitet dazu, ihn so zu interpretieren. Ob dies eine Projektion menschlicher Kategorien auf die Natur ist, bleibt offen. Vielleicht ist genau diese Ambivalenz Teil der Ausstellung – mit einem augenzwinkernden Unterton.

Credit kuma

PARLANDO von Ulla Rauter im esc medien Kunst labor noch zu sehen bis 02.04.2025 Öffnungszeiten: Dienstag - Freitag 14:00 bis 19:00 und nach Vereinbarung

Credit Ulla Rauter, esc