Soundcollagen als Visitenkarte

​​The Sound of St. Lambrecht im Museum für Geschichte in Graz

Text: Lydia Bißmann - 11.01.2023

Rubrik: Museum

Kurator Thomas Felfer in der Ausstellung The Sound of St. Lambrecht, (Credit: Universalmuseum Joanneum / J.J. Kucek)

Die Ausstellung The Sound of St. Lambrecht im Museum für Geschichte, die noch bis zum 11. Juni 2023 zu sehen ist, beschäftigt sich mit der Bedeutung von Klängen, Geräuschen oder Lärm, die damit einem Ort ihren typischen Soundstempel auferlegen.

Soundforscher Thomas Felfer lässt hier anhand von einem sehr unterschiedlichen und sinnlichen Medienmix Klanglandschaften entstehen. Anhand von VR-Brillen, eigens gepressten Platten, alten Filmaufnahmen, MP3s und analogen Audiokassetten soll hier ein etwas anderes Porträt des steirischen Ortes St. Lambrecht im Murtal erstellt werden. Mehrere Dimensionen kommen hier zum Zug. Im ersten der drei Ausstellungsräume im Erdgeschoss wird die Geschichte der Glockenabnahmen anlässlich der beiden Weltkriege erzählt. Kirchenglocken strukturieren den Alltag auch für Nichtgläubige, läuten zu traurigen und freudigen Anlässen oder warnen in bestimmten Lagen auch vor Gefahr wie Feuer oder Lawinen. Immer noch werden auf Regionalradios zu Mittag Aufnahmen von bestimmten Kirchenglocken zwischen einer und eineinhalb Minuten lang gespielt. Da Glocken meist aus Kupfer bestanden, ein für die Waffenherstellung wichtiges Material, mussten auch in der Steiermark und eben in St. Lamprecht viele Glocken für „Gott und Kaiser“ und dann wieder für den Eroberungskampf der Nazis abgeliefert und eingeschmolzen werden. Eine patriotische Pflicht, die es zu erfüllen galt, die aber Traumata in den Orten hinterließ. Viele Glocken wurden erst Jahre später ersetzt und gaben den Orten ihren typischen Klang wieder zurück. Einer dieser typischen Klänge, eine „Hörenswürdigkeit“ des Ortes nahe dem Benediktinerstift sind aber auch die Probesprengungen der Sprengstoffwerke Austin Powder, die einmal wöchentlich abgehalten, ebenfalls zur Soundcharakteristik beitragen.

The Sound of St. Lambrecht umfasst drei ausstellungsräume. (Credit: Universalmuseum Joanneum / J.J. Kucek)

Das Yin und Yang von Klang und Stille

Das Wort „Person“ kommt aus dem griechischen Schauspiel und leitet sich von „per-sonare“ (durch-klingen) ab, was zeigt, dass der Klang eine wichtige Rolle hinsichtlich des menschlichen Daseins spielte. Klänge sind für sich allein gesehen bedeutungslos. Erst im sozialen und kulturellen Leben erlangen sie eine Bedeutung, die wiederum Rückschlüsse auf das menschliche Zusammenleben zulässt. Neben der historischen Komponente kommt in den Tonaufnahmen der Landjugend, Arbeiter*innen in der Landwirtschaft oder Angestellten im Büro auch die soziologische und sprachhistorische zum Zug. Dialekte verraten einiges über die geografische und gesellschaftliche Verortung ihrer Sprecher*innen. Als Teil der eigenen Identität werden sie aber trotzdem gezielt eingesetzt. Jugendliche verwenden Dialektausdrücke in privaten Chats, halten sich damit auf öffentlichen Medien wie Instagram eher damit zurück. Im zweiten und dritten Raum der Schau gibt es eben jene Aufnahmen, die den Ort St. Lambrecht mit Interviews, verschiedenen Türgeräuschen des Stifts, Geräuschen aus dem Wald, dem Büro oder der Landwirtschaft beschreiben, zu erleben. Inhaltlich, klanglich und auch performativ, da die Zeit ihre Spuren mit Nebengeräuschen auf den Tondokumenten hinterlassen hat. Auf einem Plattenspieler oder auch einem CD-Player und einem Kassettenrekorder. Abspielgeräte, die teils selbst schon zu zeitgeschichtlichen Dokumenten wurden und deren Bedienung nicht für alle eine Selbstverständlichkeit ist. Das ist schön und verlangt Konzentration und Aufmerksamkeit von den Besucher*innen, die aber mit einem ganzkörperlichen Erlebnis belohnt wird.

VR-Brillen führen in einen Glockenturm. (Credit: Universalmuseum Joanneum / J.J. Kucek)

Fokus auf die Regionen

The Sound of St. Lambrecht wurde im Sommer 2022 im Rahmen des Festivals STUBENrein (Holzwelt Murau) im Benediktinerstift St. Lambrecht gezeigt. Mit der Schau möchte das Museum für Geschichte Ausstellungen aus den Regionen, die mit viel Mühe und Bedacht erstellt wurden, mehr Aufmerksamkeit schenken und einem größeren Publikum in der Stadt näher bringen, wie Museumsleiterin Abteilungsleiterin Bettina Habsburg-Lothringen betont.

Klänge der Landwirtschaft in der Ausstellung The Sound of St. Lambrecht. (Credit: Universalmuseum Joanneum / J.J. Kucek)