„Und was, wenn ich sie mir nicht wegzüchtigen lasse, die Dornen, die mir die Freiheit verheißen?“

Kritik: in the garden of a rose, Mona May

Text: Robert Goessl - 21.10.2024

Rubrik: Theater
Credit Johannes Sfiligoj

Credit Johannes Sfiligoj

Diese multimediale und interdisziplinäre Performance wurde von Mona May speziell für die Tänzerin Monika Schabus-Steffen geschrieben, choreografiert und inszeniert. Neben der tänzerischen Performance wird die Aufführung durch Mona May Text, gesprochen von Barbara Edinger aus dem Off, den Sounds von Jan Braun und Liedern der Songwriterin und Sängerin Lisa Koloseus komplettiert. Optisch wird die Bühne von stimmigen, abstrakten Visuals, die ebenfalls von Mona May stammen, beherrscht.

Zwischen Demut und Erhabenheit bewegt sich Monika Schabus-Steffen über die Bühne, von Rose zu Rose, die am Boden für sie bereitliegen. Sie umgarnt diese, berührt sie, hebt sie auf und bewundert sie. Sachte und mit geschmeidigen Bewegungen begibt sie sich auf Entdeckungsreise in die Welt, neugierig und hoffnungsvoll, auf der Suche nach ihrem Weg im Leben, nach ihren Leidenschaften, Wünschen und Vorstellungen.

Credit Johannes Sfiligoj

Eine Entdeckungsreise voller Zuversicht

Es gibt Zeiten der glücklichen Naivität in der Kindheit, wo alles offen zum Entdecken scheint, bis es dann darum geht, für sein Leben Entscheidungen zu fällen und dabei auf Menschen zu treffen, die Grenzen vorgeben und beeinflussen wollen, wo es lang geht, nicht zuletzt vor allem deswegen, weil sie als Frau Erwartungshaltungen, die an ein weibliches Leben von der männlich dominierten Gesellschaft gestellt werden, zu erfüllen hat.

Credit Johannes Sfiligoj

Ein Rückzug voller Scham und Angst

Sich vor den Bedrohungen schützend zieht sich die Welt wie auch die Tänzerin zusammen, sie scheint nackt und hilflos dieser Welt ausgeliefert zu sein, es wirkt fast, als würde sie daran zerbrechen, all ihre Dynamik scheint verschwunden zu sein. „Sie lehrten mich das Verwelken. Was aber, wenn ich nicht bereit dazu bin, zu verwelken. Und was, wenn ich keine Blume bin, die einfach so gepflückt werden kann?“ Es wirkt, als würde sie an den Anforderungen und den dazu notwendigen Anpassungen, die von außen an sie herangetragen werden, zerbrechen und ihre Lebenslust dadurch verlieren.

Credit Johannes Sfiligoj

Die Wiedereroberung des Selbst

Mit raumgreifenden Bewegungen gilt es, die Bühne zurückzuerobern, die Selbstbestimmtheit mit Mut, Energie und Stolz einzufordern, das Feuer des Lebens neu zu entfachen, sich selbst nachdrücklich mit Tatkraft und Herzblut zu zeigen. Sie gewinnt ihre Leidenschaft zurück und damit auch ihre Lebensfreude. Voller Energie und Eifer beherrscht sie die Bühne mit Poesie und Schönheit. Im ewigen Kampf um die eigene Freiheit, in einer Welt, in der Frauen ab 50 in der öffentlichen Wahrnehmung verschwinden, weigert sie sich, unsichtbar zu werden, sondern präsentiert sich im Gegensatz dazu kraftvoll und ausdrucksstark. 

Credit Johannes Sfiligoj

In dieser Inszenierung, die als ein Gesamtkunstwerk mit Musik und Gesang, Sounds und Visuals zu verstehen ist, ist die fast siebzigjährige Tänzerin Monika Schabus-Steffen eine Rebellin, im besten Sinn, die sich nicht von Klischees beeindrucken lässt und sich voller Hingabe dem Tanz und dem Leben verschrieben hat. Sie fügt sich mit ihren Bewegungen in die durch Sounds und Visuals für sie geschaffene Umgebung wie selbstverständlich voller Energie ein, und sie will nicht leisetreten, sondern in einer Welt des Jugend- und Leistungswahns und der Altersdiskriminierung – vor allem von Frauen – ihren künstlerischen Beitrag darbringen und der Welt zeigen.