„Tragödien sind etwas völlig Albernes“

Kritik: FRIDA – gesungene Bilder im HOF-THEATER//HÖF PRÄBACH

Text: Sigrun Karre - 22.03.2023

Rubrik: Theater

Credits: Hoftheater Höf

Derzeit lohnt es sich gerade ganz besonders, das etwas versteckte HOF-THEATER//HÖF PRÄBACH bei Eggersdorf zu besuchen. Die aktuelle Produktion „FRIDA – gesungene Bilder“ über das Leben der Künstlerin, die mit annährend allen Konventionen ihrer Zeit brach, ist schlicht erwärmend und magisch.

Wer nicht zum eingefleischten „Fan-Club“ der linken, feministischen Kunst-Ikone gehört, lässt sich von „DER Frida“ vielleicht nicht mehr so schnell vom Ofen hervorlocken. Ihre kommerzielle Omnipräsenz hat zu einer gewissen Übersättigung geführt. Ziert ihr Konterfei mittlerweile doch vom Kaffeehäferl, übers T-Shirt bis zu Tequila und Monatsbinden jede Menge Produkte des von ihr einst abgelehnten kapitalistischen Systems. (Dem Tequila an sich war sie hingegen nicht abgeneigt.) Jula Zanggers „Frida“ deswegen nicht zu besuchen, wäre allerdings sicher eine falsche Entscheidung. Denn die Produktion zeigt vor, wie man in Teamarbeit unaufgeregt, dafür mit einer Extra-Portion Herzblut und Liebe zum Detail eineinhalb Stunden lang „einfach“ mal Kunst macht. Dabei gelingt ein sinnlich-schwebendes Bühnen-Porträt von Frida Kahlo, das Eindeutigkeiten geschickt umschifft und mit nonchalanter Leichtfüßigkeit die Ambivalenzen herausarbeitet.

Dreamteam auf Spurensuche

Das ist zuerst einmal Jula Zangger zu verdanken. Von ihr stammen nicht nur Text und Regie, sondern ein bis ins kleinste Detail liebevoll gestaltetes Bühnenbild, an dem sogar die kleine Tochter mitbasteln durfte. Auch Romana Rabic als Frida überzeugt mit großem Einsatz und mehrfachen Begabungen. Zu Recherche-Zwecken flog sie mit Jula Zangger sogar extra nach Mexiko City, nachdem diese befunden hatte, dass mit Literatur-Recherche allein kein Stück zu machen sei. Die Musikerin Romana Rabic spielt Frida mit abwechselnd burschikoser Verve und urweiblicher Kraft. Sie interpretiert auch in gesanglich eher herausfordernden Körperpositionen, mit Gefühl und Temperament Lieder von Chavela Vargas oder Edith Piaf und auch 'El pueblo unido‘, die „lateinamerikanischen Internationale“ darf nicht fehlen. Zwischendurch nimmt sie auch einmal kurz im Publikum Platz oder zupft den Kontrabass. Der Künstler Diego Rivera, dem Kahlo zweimal das Ja-Wort gab, wird vom Schauspieler Robert Kolar wunderbar leichtfüßig als leicht schrulliger, bei aller Egozentrik liebenswürdiger Frauenheld dargestellt.

Credits: Hoftheater Höf

Liebe, Revolution & KI

Dass Frida teilweise im Dialog den Text von Diego spricht und umgekehrt, lässt stellenweise den Eindruck entstehen, hier würde aus einem Briefwechsel zwischen dem Künstlerpaar zitiert. Tatsächlich hat sich Jula Zangger durch diverse Biografien gelesen, bevor sie den Text schrieb, in dem z. B. aus einem Gedicht Frida Kahlos zitiert wird, das mit dem Ausdruck ultimativer Absolutheit ihrer komplizierten Liebe zum 20 Jahre älteren Maler schließt: „Diego, Anfang/Diego, Erbauer […]/Diego, ich/Diego, das All“. Fridas Lebensgeschichte ist auch ein Stück Geschichte der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. So langweilen sich Frida und Diego gemeinsam bei einer Uraufführung des Komponisten Ernest Bloch, Frida nimmt den geflüchteten Revolutionär Leo Trotzi auf – und mit ins Bett oder trifft in Edith Piaf (oder war es doch Josephine Baker?) in Paris eine „Schwester im Geiste“. Zentral und ziemlich spannend sind die 14 projizierten Bilder, die vom Künstler Michael Katzlberger bearbeitet und mit Sinn für Poesie animiert wurden. Die Originalgemälde wurden von ihm KI-unterstützt so bearbeitet, dass die Gesichter der Darsteller*Innen subtil in die Originaldarstellung integriert wurden. Neben dem interessanten Effekt entsteht damit auch ein Link zur aktuellen Debatte über KI-Kunst.
Frida Kahlos Leben war eines sicher nicht: arm an harten Schicksalsschlägen und dramatische Tiefpunkten. ‚FRIDA – gesungene Bilder‘ lässt die Künstlerin mit einer Mischung aus Pragmatismus und Lebensfreude in die Höhen und Tiefen fallen und kommentieren: „Tragödien sind etwas völlig Albernes“ und (zitiert aus Frida Kahlo: Gemaltes Tagebuch) „Füße, wozu brauche ich sie, wenn ich Flügel habe, um zu fliegen“. Luka Lovrenovic am Bandoneon und Stefan Steinhauser an der Gitarre transportieren die Kraft dieses Lebensgefühls kongenial mit ihrer Musik. Unbedingt anschauen und anhören! Wer klimaschonend mit dem Bus „anreist“, bekommt ermäßigten Eintritt. Ab dem P&R Höf-Präbach spaziert man 20 Minuten zu Fuß durch den Obstgarten bis zum HOF-THEATER//HÖF PRÄBACH, oder meldet sich 24 Stunden vorher für einen Shuttle-Service an: Tel.: 0664 25 09 109 E-Mail: hoftheaterhoef@gmail.com

Credits: Hoftheater Höf