Freundschaft zwischen Bauchgefühl und Hochglanz
Kritik: Belly of the Best, Bar Beate
Text: Lydia Bißmann - 15.07.2025
Am 14. Juli feierte das Stück Belly of the Best in der legendären Bar Beate in der Griesgasse Premiere. Das Stück wurde von der gleichnamigen Formation Belly of the Best als erste gemeinsame Produktion entwickelt. In adaptierter Form wird die Produktion ab dem 20. September auch im Schauraum im Schauspielhaus zu sehen sein.
Unter der Regie von Azlea Wriessnig wird die Bar Beate in das verwandelt, wofür sie ohnehin gemacht ist: in einen Ort für gemeinsames Feiern und Lachen. Tatsächlich kommt aber alles anders als geplant. Amadea Soltau, Emilie Ostermayer und Jacob Brokke präsentieren sich hier als eingefleischtes Freundschaftstrio, das sich schon seit Schultagen kennt. Aufgeregt und viel zu bemüht versuchen sie, eine Party vorzubereiten, zu der natürlich auch das Publikum herzlich eingeladen ist. Innere Konflikte, Entscheidungsprobleme, deplatzierte Rauchpausen und vergessene AUX-Kabel legen ihnen dabei sehr viele Hürden in den Weg. Die etwas introvertierte und auf Hochglanz geschminkte Emilie überlegt, ob sie mit der coolen Chiller-Queen Amadea und dem liebenswert-verzweifelten People-Pleaser Jacob überhaupt noch befreundet sein will. Sie schaut es sich einmal an. So weit, so diffus.

Belly of the Best bebildert als Gesamtkunstwerk den Konflikt zwischen Sein und Schein. (Fotocredit: Zoe Ebner)
Gefühlschaos in der Bar
Freund:innen sucht man sich in der Regel nicht aus, man bekommt sie geschenkt. Geschenke kann man diskret auf Willhaben entsorgen, wohingegen man Menschen oft nicht so einfach loswird. Bis die Botschaft ausgesprochen werden kann, muss weiter so getan werden, als ob man sich grenzenlos amüsieren würde. Schließlich ist man jung und sollte das Leben feiern, wann immer es geht. Amadea probiert es mit ihren selbst geschriebenen Songs, die sie mit ihrer Hammer-Stimme performt. Aber auch die herrliche Musik bringt keine Entspannung in die verfahrene Situation, in der sich ohnehin niemand so wirklich auskennt. Belly of the Best beschreibt eine Gefühlswelt, die wie ein Instagram-Stream für ein kompliziertes Versicherungspakt daherkommt. Niemand weiß so richtig, worum es geht, dafür ist alles perfekt inszeniert. Mehr Schein als Sein – da hilft auch das perfekt eingestimmte Cosy-Touchy-Feely-Protokoll im Umgang mit den Gefühlen nichts. In einer bis auf den letzten Tüllfaden passend durchkomponierten Szenerie (Bühnenbild und Kostüm: Luise Höggerl) mit Dosentelefonen, Gefühlskabeln, einer fast organisch festgewachsenen Handykamera, Lichterketten und veganen Snacks blubbern die Emotionen der Protagonist:innen saft- und kraftlos vor sich hin und versuchen, ein fadenscheinig gewordenes Beziehungsgeflecht mit der Flucht in die Vergangenheit zu reanimieren. Totgesagte leben aber dann doch immer länger, und so geht auch das Putzlicht an, als Emilie, die ohnehin schon die ganze Zeit vom Nachhausegehen spricht, final den Stecker zieht.

Fotocredit: Zoe Ebner
Platonische Mesalliance mit Triggerpotential
Belly of the Best spielt behutsam, aber dennoch fordernd mit unangenehmen Empfindungen – mit Trennungstriggern, der Sucht nach passivem Entertainment, der Gier nach Echtheit und der Scheußlichkeit von Wahrheit. Der Text verliert im Mittelteil zwar streckenweise ein wenig von seinem pointierten Esprit und Wortwitz, holt aber gegen das Ende hin wieder auf. Schön ist, dass zugunsten von Freundschaft auf das Romantik-Korsett in Form einer Lovestory verzichtet wird. Weniger kompliziert wird es deswegen nicht – es lasst aber mehr Möglichkeiten zu. Das Team von Belly of the Best hat mit diesem dreidimensional wirkenden Stück, das durchaus unter die Haut geht, eine Arbeit vorgelegt, die viel mehr als ein herkömmliches Coming-of-Age-Stück ist und die Grenzen des konventionellen Theaters zwar nicht sprengt, aber doch ordentlich ausdehnt.
Performer*innen: Amadea Soltau, Emilie Ostermayer, Jacob Brokke
Regie: Azlea Wriessnig | Produktion: Marie Treuer | Dramaturgie: Alexander Benke | Kostüm und Bühnenbild: Luise Höggerl | Ton- und Lichttechnik: Merlin Chesi-Nussbaumer | Produktionsassistenz und Fotografie: Zoe Ebner

Fotocredit: Zoe Ebner

Fotocredit: Zoe Ebner

Fotocredit: Zoe Ebner

Fotocredit: Zoe Ebner