Zwischen privat und öffentlich

Förderungspreis des Landes Steiermark für zeitgenössische bildende Kunst 2023

Text: - 18.12.2023

Rubrik: Kunst

Julia Gaisbacher (Künstlerin), Peter Peer (Leiter Neue Galerie Graz), die Künstler:innen Lena Violetta Leitner, Marleen Leitner (studio ASYNCHROME), Patrick Winkler und Julius Pristauz, Kuratorin Magda Radu, Petra Hammer-Maier (Neue Galerie Graz), v.l. (Credit: Universalmuseum Joanneum / J.J. Kucek)

Der Förderungspreis des Landes Steiermark für zeitgenössische bildende Kunst gilt von seinen Anfängen bis heute als Seismograf einer Kunstszene, die für das Land und seine Künstler*innen wesentliche Positionierungsarbeit leistet. Viele international namhafte Künstler*innen aus der Steiermark finden sich in den Archiven dieses Wettbewerbs.

Mit Magda Radu konnte für die 50. Ausgabe dieses Preises einmal mehr eine weithin bekannte Kunsthistorikerin für die Jurierung gewonnen werden. Aus insgesamt 195 Einreichungen wählte sie die acht Preisträger*innen aus, deren Arbeiten nun in der Gruppenausstellung zu sehen sind. Den diesjährigen Förderungspreis des Landes Steiermark für zeitgenössische bildende Kunst erhielt die Künstlerin Maruša Sagadin. Gezeigt wird eine Vielzahl von Stimmen, Medien und Erscheinungsformen, um eine generationenübergreifende, abwechslungsreiche und inklusive Umgebung zu schaffen. Ein gemeinsames Muster zeichnet sich ab, nämlich die Subtilität und die große Bandbreite, mit der sich die Künstler*innen mit dem Begriff der Öffentlichkeit und der ständigen gegenseitigen Durchdringung von privater und öffentlicher Sphäre auseinandersetzen.

Lena Violetta Leitner (Kunstankauf durch das Land Steiermark) in ihrer Installation (Credit: Universalmuseum Joanneum/J.J. Kucek)

Die Preisträger*innen und ihre Arbeiten

Maruša Sagadin, Gewinnerin des Förderungspreises des Landes Steiermark für zeitgenössische Kunst 2023, transformiert architektonische Elemente mit subversivem Impuls, feminisiert Grundpfeiler der Architektur – hier wird die dorische Säule zu Doris – und schafft physisch überzeugende Interpretationen des öffentlichen Raums, die Konventionen herausfordern und eine alternative Selbstgestaltung in unserer Gesellschaft anstreben. Julia Gaisbacher, Gewinnerin des „con-tempus“-Preises, thematisiert in ihren Werken den Kampf des gemeinsamen Lebensraums gegen übermächtige Kräfte und dokumentiert am Beispiel von Zagreb, wie aggressive Investitionspläne das soziale Gefüge bedrohen und Perspektivenlosigkeit für die Bewohner*innen hinterlassen. Julius Pristauz, einer der Gewinner*innen des Arbeitsstipendiums des Landes Steiermark, rückt in seiner komplexen Arbeit die Neuinterpretation monolithischer oder eingebetteter Wahrnehmungen in Bezug auf Queerness in den Vordergrund, wobei er in seiner neuen Werkserie Objekte zwischen Malerei, Skulptur und Readymade schafft. Mit dicken Schrauben durchbohrte Glasflächen und indirekte Beleuchtung machen queere Lebenswirklichkeiten im Wien der 1920er- und 30er-Jahre sichtbar und gravieren sie in das kollektive Gedächtnis ein. Das Künstlerduo studio ASYNCHROME (Arbeitsstipendium des Landes Steiermark), bestehend aus Marleen Leitner und Michael Schitnig, zeigt in der Ausstellung eine Installation mit Zeichnungen aus einer der neuesten Serien "Body Works". Diese ist eine fast tagebuchartige Aufzeichnung ihrer fortlaufenden Reflexion über „die Soziologie des Körpers“. Lena Violetta Leitner (Kunstankauf durch das Land Steiermark) sucht die direkte Auseinandersetzung mit dem Publikum durch einen Reality-Show-Wettbewerb mit Pflanzen als Kandidaten. Dabei verknüpft sie ökologische Anliegen mit geopolitischen und sozialen Themen, während sie zugleich schelmische Fluchtwege aus dieser Situation erkundet. Via QR-Code kann die Bevölkerung Woche für Woche abstimmen, welche Pflanze aus dem Bepflanzungsplan der Stadt gestrichen werden soll. Juliana Lindenhofer, Gewinnerin des Viktor-Fogarassy-Preises, verfolgt einen experimentellen Ansatz zur Skulptur und integriert digitale Skizzen mit physischen Strukturen, um ihre Werke in einem metamorphen Prozess zu gestalten. In dieser Ausstellung zeigt sie nicht nur die Zeichnungsphase, sondern auch Stücke aus Fragmenten der Kartons, die für das Gießen und Transportieren verwendet wurden, und verleiht diesen Fragmenten eine eigene ontologische Bedeutung. Patrick Winkler, Gewinner des Edition-Artelier-Preises, hinterfragt durch seine Kunstpraxis die scheinbare Neutralität von Institutionen, indem er das Weiß des "White Cube" analysiert und somit die Protokolle und Infrastrukturen des Kunst- und Ausstellungsmachens reflektiert.

Julia Gaisbacher, Gewinnerin des „con-tempus“-Preises (Credit: Universalmuseum Joanneum/J.J. Kucek)

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Ausstellungsansicht von Maruša Sagadin, der Gewinnerin des Förderungspreises des Landes Steiermark für zeitgenössische Kunst 2023 (Credit:Universalmuseum Joanneum/J.J. Kucek)

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Peter Peer (Leiter Neue Galerie Graz) und Magda Radu (Kuratorin der Ausstellung) (Credit: Universalmuseum Joanneum/J.J. Kucek)

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Patrick Winkler, Gewinner des Edition-Artelier-Preises (Credit: Universalmuseum Joanneum/J.J. Kucek)

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Julius Pristauz, Gewinner eines Arbeitsstipendiums des Landes Steiermark (Credit: Universalmuseum Joanneum/J.J. Kucek)