Food Saver
Food Revolution aus Graz
Text: Elisabeth Zelger, Creative Industries Styria - 10.03.2023
Rubrik: Design
Julia Pengg, Geschäftsführerin von Mangolds, erzählt im Interview über das Food-Saver Projekt zur Lebensmittelrettung, über die Verantwortung von Produzent:innen, Händler:innen und Käufer:innen sowie über Design als Schlüsselelement.
(c) CIS
Was ist das Projekt Food-Saver und wie ist es entstanden?
Unter dem Namen Food-Saver produzieren wir Dips und Burgersaucen aus geretteten Lebensmitteln und verkaufen diese in speziell auf Re-use ausgerichteten Gläsern. Als unser Restaurant in der Covid-Zeit nicht geöffnet war, haben wir das Mittagessen zum Abholen in Gläsern angeboten. Das ist bei unseren Kund:innen sehr gut angekommen und wir wollten mehr daraus machen. Inhaltlich kam dann noch das Thema Lebensmittelüberschuss und Ausschussware dazu, das gerade in der Gastronomie ein großes Problem darstellt. Zu Zeiten des Lockdowns war die Lage bei den Produzent:innen dann natürlich noch dramatischer – viele mussten ihre Lebensmittel vernichten. Das hat uns zum Nachdenken und Handeln animiert.
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Wie seid ihr als Gastronomiebetrieb dann aktiv geworden?
Wir sind entlang der Lieferketten zu den Produzent:innen gegangen. Wir holen nicht nur Überschussware, sondern auch jene, die nicht in die Normen passt – wie etwa Gemüse mit Hagelschaden – direkt bei den Produzent:innen ab. Laut Studien bleiben bis zu 30% der Lebensmittel in der Produktion. Einer der Partnerbetriebe arbeitet mit nur 3% Ausschussware und selbst das ist mehr, als wir verarbeiten können.
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Und aus diesen geretteten Lebensmitteln werden die Food-Saver Produkte hergestellt?
Genau. Wir machen die verderbliche Ware somit länger haltbar und es entsteht ein neues Produkt – die Burgersaucen und Dips der Food-Saver Serie. Sie sind vegan, ohne Konservierungsstoffe und ein Jahr haltbar. Die Food-Saver Produkte geben jedem Einzelnen die Möglichkeit, das Thema Lebensmittelrettung in seinen Alltag einbauen zu können.
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Wie seid ihr an den Designprozess herangegangen?
Wir leben in einer sehr ästhetisierten Gesellschaft und der Design- und Ästhetikaspekt ist deshalb bei einem Produkt essentiell. Es geht in erster Linie darum, eine gewisse Achtsamkeit zum Thema Nachhaltigkeit zu transportieren und in zweiter Instanz um schönes Design. Denn wenn die Lösung praktikabel ist – auch noch gut ausschaut und gut schmeckt – stellt man seine Gewohnheiten gerne um. Der Re-use-Gedanke hat auch die Form und Art des Glases bestimmt: etwa die Form und Dimensionen des Sturzglases, um es auch direkt am Tisch verwenden und leicht reinigen zu können, oder das Etikett, das man rückstandslos ablösen kann. (Anmerkung der Redaktion: Mittlerweile gibt es zu den Einmachgläsern auch universelle Pumpspenderdeckel, eine nachhaltige und umweltfreundliche Alternative für Küche und Bad.)
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Mangolds will das erste klimapositive Restaurant Österreichs werden. Was könnt ihr als Unternehmen neben den Food-Saver Produkten sonst noch tun?
Wir arbeiten schon sehr intensiv an unserer Klimabilanz, aber es ist noch ein langer Weg. Auf der Ebene der Ressourcen können wir bereits viel verändern – etwa beim Strom- oder Wasserverbrauch, bei Verpackungen oder Transportwegen. Wir tracken all das und schauen, wo wir Prozesse optimieren können. Auf der Ebene des Menüplans ist das Tracking etwas aufwändiger, aber ebenfalls möglich: woher kommt das Gemüse, zu welcher Saison, auf welchem Weg? – Unser Kaffee wird etwa per Segelschiff transportiert. Im ersten halben Jahr des Food-Saver Projekts haben wir insgesamt 1,3 Tonnen Gemüse gerettet und für die Food-Saver Produkte und das Restaurant verkocht. Das sind greifbare Zahlen, mit denen man Erfolg messen kann. Am komplexesten ist die Umsetzung in Unternehmensbereichen, die weiter weg vom Produkt sind, etwa in der Administration. Aber auch dabei ist es unser Ziel, Nachhaltigkeit in jede unternehmerische Entscheidung zu inkludieren.
Was können wir alle tun, um den Lebensmittelkonsum noch nachhaltiger zu gestalten?
Im Sinne der Food Revolution können alle Teilnehmer des Lebensmittelkreislaufs aktiv werden. Einerseits muss das Problem des Lebensmittelüberschusses bei den Produzent:innen noch weiter in den Vordergrund gestellt werden – daran arbeiten wir unter anderem mit der Landwirtschaftskammer. Auch andere Themen wie etwa den Anbau alter Sorten oder Diversität müssen wir ansprechen. Dann hat der Handel natürlich eine große Verantwortung. Hier wird aber bereits viel unternommen – etwa gibt es durch digitale Bestellsysteme schon weniger Zentrallager. Und schlussendlich tragen natürlich auch die Konsument:innen Verantwortung – über ihre Produktentscheidungen.