Harmonien der englischen Renaissance
Kritik: The King’s Singers, Styriarte
Text: Martin Exner - 25.06.2025
Rubrik: Musik
Einen ersten Höhepunkt der diesjährigen styriarte konnte das zahlreich erschienene Publikum in der Helmut-List-Halle erleben: The King’s Singers, seit Jahren als Ensemble an der Weltspitze in der Vokalmusik, gastierte am 23. Juni mit einem intimen, stimmig zusammengestellten Programm englischer Musik aus dem 16. und 17. Jahrhundert.
Musik, die so in den Kathedralen Englands zu hören war, komponiert für Königinnen und Könige, die unterschiedliche Glaubensrichtungen favorisierten, aufgeteilt auf drei Gottesdienste aus dem Stundengebet der Klöster – die Messen zu Sonnenauf- und Sonnenuntergang und die Komplet in der Nacht – ein Abend, der die prachtvolle Schönheit der Vokalmusik der Renaissance in den Mittelpunkt stellte. Mit einem schlichten Gregorianischen Introitus, gesungen aus dem Bühnenhintergrund, hatten die sechs Großmeister der Gesangskunst das Publikum sofort in ihrem Bann, mit einem schlichten Gloria von Nicholas Ludford und einem kraftvollen Sanctus & Benedictus von William Byrd, wie auch einem gregorianischen Agnus Dei zeigten sie gleich zu Beginn die Vielfalt der englischen Musik der Zeit.
Thomas Tallis‘ Magnificat und John Taverners „O Wilhelme, pastor bone“, immer mit wechselnden führenden Stimmen, prägten den Teil der Messe zum Sonnenuntergang, die Komplet wurde mit einer Antiphon von Hildegard von Bingen eröffnet – gerade dieser Teil des Abends stellte Licht und Schatten einander gegenüber, wobei man mit Kompositionen von John Sheppard („In manus tuas, Domine“) und Robert White (sein bewegendes „Christe, qui lux es et dies“) Versöhnliches und Hoffnung fürs Publikum parat hatte.
Über die musikalische Qualität des Abends muss man an dieser Stelle nicht mehr viel berichten: The King’s Singers, seit mehr als einem halben Jahrhundert – sich immer wieder verjüngend – Vokalsextett von Weltrang, besticht selbstverständlich mit stimmlicher Exklusivität, Harmonie (ohne, dass nur ein Hauch von Routine aufkommt), Wortdeutlichkeit und Vielseitigkeit, sie beherrschen das Schlichte wie das Opulente – charmante Programmpräsentation inklusive.
Die Zugaben, ein englisches Volkslied in close harmony und ein Beatles-Song in pfiffigem Arrangement, verzauberten das Publikum endgültig, in Gedenken an die Opfer und Angehörigen der schrecklichen Ereignisse vor knapp zwei Wochen berührten die King’s Singers abschließend mit einer schlichten, aber intensiven Version von U2’s „Mlk“, Bonos Hommage an den Traum von Frieden und Hoffnung.