Ein Leben für den Fortschritt
Ein Museum für Erzherzog Johann in Stainz
Text: - 08.05.2024
Rubrik: Museum
Mit der Eröffnung des neuen Erzherzog Johann Museums im Schloss Stainz erweitert das Universalmuseum Joanneum sein Angebot um ein weiteres Highlight. Auf einer Ausstellungsfläche von rund 650 Quadratmetern wird das Leben und Wirken des Gründers des Museums erkundet.
Die Ausstellung thematisiert die enge Verbindung Erzherzog Johanns zu Stainz, seine familiären Wurzeln, seinen Einfluss auf die Steiermark, seine militärische und politische Laufbahn sowie seine Begeisterung für Reisen und Natur. Erzherzog Johann bleibt in Erinnerung als volksnaher Reformer und Förderer des Fortschritts. Sein Erbe wird durch die vielen von ihm gegründeten Institutionen lebendig gehalten.
Ausstellungsansicht „Erzherzog Johann Museum. Ein Leben für den Fortschritt“ in Schloss Stainz(Credit: Universalmuseum Joanneum/J.J. Kucek)
Politisches und Privates
Erzherzog Johanns Einfluss auf die Kultur, Wissenschaft und Wirtschaft der Steiermark wird in sieben thematisch gestalteten Räumen präsentiert. Neue Bereiche des Schlosses wurden dafür renoviert und zugänglich gemacht. Ein verbindender Gang illustriert die Ausgangslage im 19. Jahrhundert und zeigt Bilder von Zeitgenossen.
Im ersten Raum werden die Besucher*innen mit Erzherzog Johanns Beziehung zu Stainz vertraut gemacht, einem Ort, den er 1807 zum ersten Mal besuchte und später liebte und prägte. Er kaufte das Schloss Stainz und richtete dort ein landwirtschaftliches Mustergut ein. Historische Dokumente und Fotografien zeigen seinen Einfluss auf die Landwirtschaft, den Weinbau und die Entwässerung von Ackerland in der Region. Auch seine Beteiligung an infrastrukturellen Projekten, wie der Graz-Köflacher Bahn, wird hier dargestellt. Darüber hinaus wird Johanns Familiengeschichte beleuchtet.
Im zweiten Raum erfährt man mehr über Johanns familiäre Hintergründe, seine Erziehung und seine frühe Prägung in Florenz. Außerdem wird seine Beziehung zu Anna Plochl thematisiert, die durch Standesunterschiede erschwert, jedoch letztendlich erfüllt war. Anna spielte eine zentrale Rolle bei der Verwaltung von Johanns Geschäften, während er auf Reisen war. Sie blieb jedoch sechs Jahre lang eine "persona dubia", bevor sie in den Freiherrenstand erhoben wurde. Porträts und Gemälde zeigen Johanns Verhältnis zu seiner Familie und seine Rolle am kaiserlichen Hof.
Viele der ausgestellten Originalgemälde und Porträts zeigen Erzherzog Johann sowohl als Privatperson als auch als Vertreter des Hauses Habsburg. Das bekannte Bild, auf dem er einen grauen-grünen Rock trägt, steht für seine Verbundenheit mit dem Volk. Ein besonderes Highlight der Ausstellung ist das originalgetreu nach historischem Schnittmuster angefertigte "Steirerfrackl", das vom Steirischen Heimatwerk gefertigt wurde.
Der vierte Ausstellungsbereich befasst sich mit Erzherzog Johanns militärischer und politischer Laufbahn. Am 16. Juni 1848 wurde Johann vom nach Innsbruck geflohenen Kaiser Ferdinand I. zu dessen Stellvertreter ernannt, was ihm erlaubte, kaiserliche Angelegenheiten zu regeln. Am 29. Juni 1848 wurde er jedoch von der Nationalversammlung in der Paulskirche in Frankfurt zum deutschen Reichsverweser gewählt, womit er vorübergehend das Deutsche Reich führte. Ein besonderes Exponat in diesem Bereich ist ein historischer Zeigertelegraf mit Selbstunterbrechung, der einst verwendet wurde, um Wahlergebnisse von Frankfurt nach Berlin zu übermitteln. Die Übertragung dauerte etwa drei Stunden.
Ausstellungsansicht „Erzherzog Johann Museum. Ein Leben für den Fortschritt“ in Schloss Stainz(Credit: Universalmuseum Joanneum/J.J. Kucek)
Modernisierung und Reisen
Erzherzog Johann hatte einen tiefgreifenden Einfluss auf die Steiermark, insbesondere durch seine Förderung von Bildungsinitiativen, Wirtschaft und Infrastrukturprojekten. Raum 5 der Ausstellung widmet sich seinen Visionen und den von ihm initiierten Projekten zur Modernisierung und wirtschaftlichen Entwicklung der Steiermark. Er spielte eine Schlüsselrolle bei der Etablierung der Südbahn, förderte die Landwirtschaft und unterstützte wissenschaftliche Unternehmungen wie die Brasilien-Expedition. Erzherzog Johann gründete das Universalmuseum Joanneum und den Leseverein, um die Bildung zu fördern. 1829 gründete er im Rahmen der Landwirtschaftsgesellschaft die private Wechselseitige Brandschadenversicherungsanstalt, die heute zu den führenden Versicherungseinrichtungen gehört.
Weitere bedeutende Gründungen umfassen die Berg- und Hüttenschule in Vordernberg, die letztlich zur Entstehung der weltbekannten Montanuniversität Leoben führte. Auch die Steiermärkische Sparkasse geht auf seine Initiative zurück.
Die Ausstellung beleuchtet auch Erzherzog Johanns Liebe zur Natur und seine Leidenschaft für das Reisen. Auf seinen Bergwanderungen beobachtete er die Natur, sprach mit Jägern, Sennerinnen, Bauern und Holzknechten, und dokumentierte seine Erlebnisse akribisch. Er übernachtete in einfachen Hütten und lernte so die Region und ihre Menschen kennen.
Die Ausstellung schließt mit einer Betrachtung des Mythos Erzherzog Johann, der als Symbolfigur für Fortschritt und Volksnähe in der Volkskultur, in musikalischen und literarischen Werken sowie in seiner posthumen Rezeption weiterlebt. Sein Lebensweg wird als Spiegelbild eines Jahrhunderts betrachtet, das von tiefgreifenden Veränderungen und der Suche nach neuen Wegen geprägt war.
Ausstellungsansicht „Erzherzog Johann Museum. Ein Leben für den Fortschritt“ in Schloss Stainz(Credit: Universalmuseum Joanneum/J.J. Kucek)
Neue Fundstücke und moderne Vermittlung
Bei den Recherche- und Umbauarbeiten im Schloss Stainz wurden bisher unveröffentlichte Archivalien entdeckt, die nun erstmals im Erzherzog Johann Museum präsentiert werden. Dazu gehören handgezeichnete Umbaupläne von 1872, die von Erzherzog Johanns Sohn für das Schloss Stainz angefertigt wurden. Auf dem Dachboden des Schlosses wurden zudem Bodenproben der Filialen der Landwirtschaftsgesellschaft gefunden. Diese Proben dienten dazu, die unterschiedliche Beschaffenheit verschiedener Böden den Mitgliedern zu veranschaulichen.
In der Ausstellung sind auch originale Einrichtungsgegenstände aus dem Palais Meran in Graz zu sehen, darunter ein Sessel, ein Gewehrständer, ein Porträt von Anna Plochl mit ihrem Kind und einige historische Waffen.
Das Erzherzog Johann Museum kombiniert moderne Technologien mit der historischen Umgebung des Schlosses Stainz, um ein innovatives Ausstellungserlebnis zu schaffen. Besucher*innen können an interaktiven Stationen tiefer in die Geschichte von Erzherzog Johann eintauchen. 3D-Figuren schaffen dabei eine lebendige Brücke zwischen Vergangenheit und Gegenwart. Zudem gewährt die Ausstellung Einblicke in Details der Restaurierungsarbeiten, die normalerweise im Verborgenen bleiben, und zeigt so einen Teil der Museumsarbeit hinter den Kulissen.
Ausstellungsansicht „Erzherzog Johann Museum. Ein Leben für den Fortschritt“ in Schloss Stainz(Credit: Universalmuseum Joanneum/J.J. Kucek)
Ausstellungsansicht „Erzherzog Johann Museum. Ein Leben für den Fortschritt“ in Schloss Stainz(Credit: Universalmuseum Joanneum/J.J. Kucek)