Bilder weiblicher Arbeit in der steirischen Nachkriegszeit

Alles Arbeit, Museum für Geschichte

Text: - 01.03.2024

Rubrik: Museum

Credit: Universalmuseum Joanneum/J.J. Kucek

Aus etwa 60.000 Presse-Fotografien des Betriebsarchivs von „Foto Blaschka“ hat das Ausstellungsteam Eva Tropper, Astrid Aschacher und Samuel Hofstadler die Fotos für die Ausstellung ausgewählt.

Gezeigt werden noch bis Jänner 2025 Bilder weiblicher Arbeit in der steirischen Nachkriegszeit, genau in den Jahren 1950 bis 1966. Dabei geht es nicht nur um eine Geschichte der Erwerbstätigkeit von Frauen. Die Ausstellung soll die unbezahlten, aber unverzichtbaren Formen von Sorgearbeit, die in den 1950er- und 1960er-Jahren ganz selbstverständlich von Frauen erwartet worden sind, gleichwertig sichtbar machen.

Samuel Hofstadler (wisschenschaftliche Mitarbeit), Eva Tropper (Kuratorin) und Astrid Aschacher (kuratorische Mitarbeit) mit Robert Rüf, Ausstellungsgestaltung, v.l.( (Credit: Universalmuseum Joanneum/J.J. Kucek)

Systemrelevanter Arbeit in historischen Fotografien

Die Agentur „Foto Blaschka“, gegründet vom Pressefotografen und Journalisten Egon Blaschka, war ab den frühen 1950er-Jahren für die Kleine Zeitung tätig gewesen. In den späten 1980er-Jahren wurde das Betriebsarchiv vom Joanneum angekauft. Die Schau zeigt zahlreiche Bilder erwerbstätiger Frauen – aus unterschiedlichsten Bereichen: von der Industrie über die Landwirtschaft bis hin zu Dienstleistungsbranchen. Anhand von Statistiken ist zu sehen, welche Abbildungen von arbeitenden Frauen es in die Zeitung geschafft haben. Mit der tatsächlichen Arbeitswelt hat das nicht unbedingt zu tun. So waren sehr viele Frauen in der Nachkriegszeit etwa in der Heimarbeit tätig – nur ein Prozent der Fotos zeigen dies aber. Auch Frauen in der Politik sind fast nie zu sehen. „Wenn man sich ansieht, welche Formen weiblicher Erwerbsarbeit besonders häufig fotografiert worden sind, dann ist das vor allem jener Bereich, der seit der Corona-Pandemie als systemrelevante Arbeit bezeichnet worden ist: Fotos von Frauen in Gesundheitsberufen, in der Pflege, bei Reinigungsarbeiten, in den Schulen und Kindergärten. Die Ausstellung thematisiert insbesondere die steigenden Mehrfachbelastungen und doppelten Leistungserwartungen, die damit vor allem für Frauen verbunden waren – und sind. „Es ist die Vorgeschichte unserer heutigen Debatten“, so das Ausstellungsteam. Diskussionen um „Gender Pay Gap“, „Teilzeitfalle“ oder „Pensionslücke“ zeigen, wie sehr die Verteilung unbezahlter Arbeit auch heute noch geschlechtsspezifischen Vorstellungen folgt.

Credit: Universalmuseum Joanneum/J.J. Kucek

Überlagerung und Lücken

Die Ausstellung versucht die übliche Hierarchie zwischen unterschiedlichen Formen von Arbeit zu vermeiden – auch gestalterisch. Die Fotografien sind in unterschiedlichen Formaten bis hin zu lebensgroßen Prints zu sehen und zum Teil überlappend gehängt – denn oft hätten sich Formen bezahlter und unbezahlter Arbeit im Leben von Frauen überlagert. Rote “Rollwägen”, an denen Bilder und Informationen beschäftigt sind, sollen an die Arbeit im industriellen Umfeld und in der Produktion erinnern. Und auch Lücken spielen eine Rolle: Die Kleinfamilie als Ideal der Nachkriegszeit, in der die nationalsozialistische Rolle der Frau nicht unbedingt über Nacht vergessen wurde, wird gerne und ausführlich inszeniert – andere, damals übliche Lebensformen wie die der Mehrgenerationenhaushalte werden nicht gezeigt. Leere Rahmen in der Achau spielen auf diese absichtliche Ignoranz an.

Credit: Universalmuseum Joanneum/J.J. Kucek

Kooperation mit dem Kunsthaus Graz

Das Thema ‚Arbeit‘ beschäftigt das Universalmuseum Joanneum 2024 auch darüber hinaus. Am 30. April wird im Kunsthaus Graz die Ausstellung 24/7. Arbeit zwischen Sinnstiftung und Entgrenzung eröffnet, die sich mit Tendenzen der gegenwärtigen Arbeitswelt beschäftigt. Die Klammer zwischen den beiden Ausstellungen bildet eine Projektion des Essayfilms Kein Wunder, einer künstlerischen Intervention in das Fotoarchiv Blaschka von Lia Sudermann und Simon Nagy, die in beiden Häusern zu sehen sein wird.

Alles Arbeit

Frauen zwischen Erwerbs- und Sorgetätigkeit, Fotoarchiv Blaschka 1950-1966

 

Museum für Geschichte, Sackstraße 16, 8010 Graz

Eröffnung: 01.03.2024, 19 Uhr

Laufzeit: 02.03.2024–12.01.2025

Kuratiert von Eva Tropper

Kuratorische Mitarbeit: Astrid Aschacher

Wissenschaftliche Mitarbeit: Samuel Hofstadler